Wenn Flugzeuge fliegen, entstehen hinter ihnen Luftverwirbelungen, so genannte Wirbelschleppen. Diese können Auswirkungen auf den nachfolgenden Flugverkehr haben. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erprobt nun in Flugversuchen ein Wirbelschleppenwarnsystem mit den Forschungsflugzeugen ATRA und Falcon.
Köln – Das System kann die potentiell gefährlichen Wirbelschleppen allein aus den Positionsdaten- und Wetterinformationen des vorausfliegenden Flugzeugs vorhersagen.
Wirbel werden sichtbar
Auf insgesamt drei Forschungsflügen fliegt die Falcon als „Wirbelerzeuger“ wiederholt quer zur Flugbahn des ATRA (Advanced Technology Research Aircraft). „Bei dem von uns entwickelten System werden an Bord des ATRA über reguläre Flugsicherungssysteme genaue Informationen über Position und Geschwindigkeit der vorausfliegenden Falcon empfangen“, erklärt Dr. Fethi Abdelmoula vom DLR-Institut für Flugsystemtechnik. „Aus diesen Daten berechnet der Computer, wo sich die ohne Kondensstreifen unsichtbaren Wirbelschleppen im Luftraum befinden.“ Auf einem Display sehen die Piloten diese Vorhersage. Rote Punkte in der Anzeige warnen vor den Wirbeln. Die Berechnungen erfolgen unter Berücksichtigung der Wind- und Atmosphärenverhältnisse über eine vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre entwickelte Software. Die Genauigkeit der Wirbelschleppenvorhersage testen die Forscher durch gezielte Einflüge in die Wirbel.
Exakte Koordination
„Bei diesen Flugversuchen ist die exakte Koordination der beider Flugzeuge für die Wirbelschleppeneinflüge eine besondere Herausforderung“, sagt Flugversuchsingenieur Adrian Müller von der DLR-Forschungsflugabteilung. Die Wissenschaftler nutzen die Kondensstreifen der Falcon, um die sonst unsichtbaren Luftwirbel im Flug zu erkennen. Da ATRA, ein zum Forschungsflugzeug umgebauter Airbus A320, gegenüber der Falcon deutlich größer ist, fällt das Rütteln beim Einflug verhältnismäßig gering aus. Geflogen werden die Manöver im Luftraum über Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Die Forschungsflugzeuge starten und landen am DLR-Standort Braunschweig.
Aufrollen an den Flügelspitzen
Wirbelschleppen, die auch Wirbelzöpfe oder Randwirbel genannt werden, sind gegenläufig drehende Luftverwirbelungen hinter fliegenden Flugzeugen. Ihre Intensität ist von Größe und Gewicht eines Flugzeugs abhängig. Besonders kräftig fallen daher die Wirbelschleppen der Jumbojets wie etwa des Airbus A380 oder der Boeing 747 aus. Hinter diesen Giganten der Lüfte müssen kleinere Maschinen einen erweiterten Sicherheitsabstand von bis zu fünfzehn Kilometern einhalten. Die Lebensdauer von Wirbelschleppen wird von Windverhältnissen Turbulenz und Temperaturschichtung in der Atmosphäre beeinflusst. In der Regel sinken die Wirbel langsam ab, bevor sie sich auflösen. Wirbelschleppen rühren von der Aerodynamik der Tragflächenspitzen her. Dort treffen der Unterdruck der Tragflächenoberseite und der Überdruck der Tragflächenunterseite zusammen, was zu einem Aufrollen der Wirbel führt.
DLR-Wirbelschleppenprojekte
In den Projekten Wetteroptimierter Flugverkehr (WOLV) sowie Land-Based and Onboard Wake Systems (L-bows) beschäftigen sich DLR-Wissenschaftler seit 2012 mit den Basisfunktionalitäten des DLR-Warn- und Ausweichsystems für Wirbelschleppen, genannt WEAA (Wake Encounter Avoidance & Advisory System). Unter der Leitung des DLR-Instituts für Flugsystemtechnik wird schrittweise eine Technik entwickelt, die Wirbelschleppen auf der Flugbahn vorhersagt, in ihrer Wirkung einschätzt und passende Ausweichmanöver vorschlägt oder nach Bedarf automatisch durchführt. Das DLR-Institut für Physik der Atmosphäre hat die Software zur Wirbelschleppenvorhersage beigesteuert. Bis 2017 soll ein vollständiger Demonstrator des Warnsystems zur Verfügung stehen.
Foto: Carstino Delmonte