WEIHNACHTEN FÜR DEN GAUMEN – SPANISCHE FESTTAGSGENÜSSE


15 Dez. 2006 [09:34h]     Bookmark and Share




Eine kulinarische Reise durch das winterliche Spanien

Wenn die gezackten Blätter der zahlreichen Kastanienbäume in Galicien ihre Farbe wechseln und leise zur Erde fallen, weiß man im Nordwesten Spaniens, dass die Zeit der Kastanienfeste angebrochen ist. Dann steht man abends wohlig verpackt um das Lagerfeuer und genießt die gerösteten Kastanien. Eine der Köstlichkeiten, die die Wintermonate im nördlichen Spanien begleiten, bis nach Madrid hinein, wo man an vielen Straßenecken ebenfalls die Maronenverkäufer sieht. Eine Tüte heißer Maronen gehört für viele Madrilenen zu dieser Jahreszeit. Der Dezember kommt und mit ihm nicht die Adventszeit wie in Deutschland, sondern eine irgendwie andere Stimmung, die auch hier das nahende Weihnachtsfest in den Städten und Dörfern zu spüren. Die Straßenbeleuchtung wird festlich, in den Kaufhäusern ertönen “villancicos”, spanische Weihnachtslieder, meist um eine Spur fröhlicher und weniger besinnlich als die uns bekannten Gesänge. Und rund um das Santa Lucía-Fest, am 13. Dezember beginnt die Zeit der „mercadillos“, der Weihnachts- und Kunsthandwerksmärkte. In Barcelonas Altstadt, dem „Barrio Gotico“ füllen sich die Granjas, die Milchbars, in denen man dickflüssige heiße Schokolade zu einem Teller frischer dampfender Churros, dem charakteristischen Fettgebäck Spaniens, genießen kann. Und auch in der Hauptstadt, auf der Plaza Mayor Madrids, haben die Händler seit Anfang Dezember ihre Stände aufgebaut mit Süßigkeiten, Spielzeug und auch allerlei Scherzartikel, mit denen man am 28. Dezember, dem Tag der Unschuldigen Kinder, dem „1. April“ Spaniens, so manchen seiner Freunde überrascht.

[GADS_NEWS]Und wenn es dann auf den 24. Dezember zugeht, füllen sich die Lebensmittelmärkte und Feinkostgeschäfte. Jetzt heißt es, die besten Zutaten für die Festtagsmenüs auf dem Markt zu besorgen, den Tisch mit dem besten Geschirr zu dekorieren und festlich zu schmücken. Mögen auch aufgrund der Globalisierung viele alte Sitten verloren gehen, zu Weihnachten isst man in Spanien bei den meisten Familien noch immer die traditionellen Gerichte, die schon Generationen vorher an den Festtagen zubereitet haben. Diese typisch weihnachtlichen Genüsse variieren von Region zu Region. So gibt es im Zentrum des Landes, in Toledo kaum eine Familie, die am Weihnachtstag nicht eine typische Mandelsuppe aus purem Marzipan, der Spezialität der Stadt, zubereitet. Das Marzipan mit einer Orangenschale und einer Stange Zimt in Milch gekocht, schmeckt, ob heiß oder kalt genossen, geradezu nach Weihnachten. Dabei zieht der Duft eines gebratenen mit einer Mandel-Weinsosse zubereiteten Truthahns durch das Haus. Für viele Spanier im Zentrum und im Süden des Landes, vor allem in Andalusien, der traditionelle Festtagsbraten par excellence. Daneben kommen aber auch hier je nach Geschmack andere Köstlichkeiten auf den Tisch. So kann der Festtagsbraten auch aus Lamm oder einem Spanferkel bestehen, begleitet von den typischen Gemüsesorten der Saison, Rotkohl und Kerde – einer mediterranen Artischockenart.

Weiter im Norden, am Kantabrischen Meer, sind es die Fische und Meeresfrüchte, die die Basis für das charakteristische Festtagsmahl der Basken, Galicier, der Menschen aus Asturien und Kantabrien bilden: Seebrasse, Seezunge, Steinbutt, Wolfsbarsch, alle im Backofen und je nach Region verschieden zubereitet.

Fährt man in Richtung Ostküste nach Katalonien, so gibt es hier ein ganz anderes typisches Weihnachtsgericht. Am 26. Dezember – nur in Katalonien wird der zweite Weihnachtstag und Tag des Heiligen Stephanus gefeiert – kommen die mit Hackfleisch gefüllten Bechamel-Canelloni auf den Tisch. Und am Heiligabend oder 1. Weihnachtstag isst man vielleicht eine „Escudella“, ein köstliches Eintopfgericht aus Rind- und Schweinefleisch, weißen Bohnen oder Kichererbsen. Weiter südlich, die Mittelmeerküste hinunter, begegnet uns in Valencia und Murcía an den Festtagen der „Cocido con Pelotas“, ein Eintopf mit den für die Region typischen „Albóndigas“, Fleischbällchen.

Ein Sprung übers Mittelmeer. Auf den Balearen weht uns an Weihnachten der Duft von gebratenem Spanferkel um die Nase mit der „Salsa de navidad“, einer Sosse, die mit Mandeln, Safran und etwas Zimt verfeinert wird. Und dann gehts’ Richtung Afrika, um auch bei den Einwohnern der Kanarischen Inseln einen Blick in die weihnachtlichen Kochtöpfe zu werfen. Dort eine „Cazuela de Gallina“, ein deftiger Hühnertopf, hier die Fleischpastete und da vielleicht ein gebratenes Zicklein. Appetit machen sie alle.

Und was wäre Weihnachten ohne die Süßspeisen? Ohne den Turrón aus Jijona bei Alicante, die berühmteste spanische Weihnachtsleckerei aus Mandeln, Nougat und Honig. Ohne das Marzipan aus Soto de Cameros in der Rioja oder aus Toledo? Ohne die Mandelplätzchen aus Kastilien-León, die pestiños, ein Fettgebäck aus der Extremadura, die polvorones, mantecados und alfajores, sämtliches Feingebäck aus der Gegend um Sevilla. Oder  ohne die berühmten „Weihnachtsforellen“, „truchas de navidad“ aus Gran Canaria. Bei Letzteren handelt es sich keinesfalls um ein Fischgericht, sondern um köstliche Teigtaschen, die mit einer cremigen Paste aus Süßkartoffeln und Mandeln gefüllt werden.

Und wann werden all die aufgeführten Köstlichkeiten gegessen? Weihnachten ist auch in Spanien vor allem ein Fest der Familie. So trifft man sich am Heiligabend zum festlichen Essen und besucht danach eventuell die Christmette um Mitternacht, in Spanien als „Misa del Gallo“ – Hahnenmesse bekannt. Das nächste festliche Essen ist dann das gemeinsame Mittagsmahl am ersten Weihnachtstag. Den Silvesterabend verbringen die meisten Spanier im Kreise der Familie oder von Freunden bei einem festlichen Abendessen, um dann zu Mitternacht bei jedem Glockenschlag die „uvas de la suerte“, die 12 Glückstrauben zu essen, die für jeden Monat des Neuen Jahres Glück verheißen sollen. In den meisten Städten versammeln sich dafür Tausende auf den Hauptplätzen. Danach ist Fiesta angesagt, in den Discotheken und Bars. Die Nacht endet meist am frühen Morgen wieder in irgendeiner Bar bei Churros und heißer Schokolade.

Am Morgen des 6. Januar schließlich gibt es die Geschenke, die in Spanien weder Weihnachtsmann noch Christkind, sondern die Drei Weisen Männer aus dem Morgenland bringen. Den Reigen der weihnachtlichen Tage schließt auch hier wieder eine süße Köstlichkeit. Die Familie isst gemeinsam den „Roscón de los Reyes“, ein königliches Kranzgebäck mit Mandelfüllung und kandierten Früchten. Der Kuchen enthält eine Überraschung, früher eine Bohne, heute meist eine kleine Plastikfigur. Wer sie in seinem Stück findet, darf sich für einen Tag als König fühlen.







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