Die Fallas 2008 zum Mitfeiern
Vom 14. bis 19. Maerz 2008 begrueSSt Valencia den Fruehling. Die StraSSen sind tagelang fuer Autos gesperrt. Prozessionen, Stierkaempfe und Paellakochwettbewerbe zaehlen ebenso zum Programm wie ohrenbetaeubende Boellersinfonien, Riesenfeuerwerke und Freudenfeuer. Vom Kleinkind bis zum Opa fiebern alle mit. Ein einmaliges spanisches Fest, aber gegen Laerm, Gedraenge, Rauchschwaden und intensive Gerueche sollten Besucher immun sein. Highlight sind die Feuerwerke der vorletzten Nacht und das groSSe Finale am letzten Festtag.
„Die Fallas sind genauso beliebt und bekannt wie das Oktoberfest“, sagt Juan Llantada vom regionalen Tourismusamt der Comunitat Valenciana. Eher entsteht der Verdacht, in Valencia gebe es mehr Pyromanen als irgendwo sonst auf der Welt. Der Bierkonsum indessen ist vergleichsweise gering. Die Mitarbeiter der Tourismusaemter von Region und Stadt schleusen in diesen Tagen rund 80 internationale Journalisten durch das Ereignis.
Das Wort Falla geht auf das lateinische „facula“ fuer Fackel zurueck. Valencias Zimmermaenner zuendeten traditionell am 19. Maerz, dem Tag des heiligen Josef, die Gestelle ihrer OEllampen an. Sie brauchten sie nicht mehr, denn zum Arbeiten war es wieder hell genug. Erst spaeter kamen sie auf die Idee, groteske Figuren aus Stroh, Holz und Lumpen zu bauen. Im 18. Jh. verbreitete sich der Brauch ueber ihr Viertel del Carmen hinaus. Bald erinnerten die Figurengruppen (Fallas) an unsere Karnevalswagen.
Heute kann man in Valencia und Umgebung rund 700 kuriose und oft auch gesellschaftskritische Fallas bewundern: GroSSe Figurengruppen fuer Erwachsene und – meist direkt daneben – kleine fuer Kinder. Zum Abschluss des Festes gehen sie in haushohen Feuern auf und es flieSSt so manche Traene der Ruehrung. Die schoenste Figur wird vor dem Feuertod gerettet. Welche das ist, bestimmt die Falla-Kommission. Die praemierten Figuren kann man das ganze Jahr ueber im Falla-Museum (Museo Fallero) bewundern.
Boellerkonzerte und Figurenwettbewerbe
In der Nit de Foc (Nacht der Feuer) versammelt sich die schlaflose Stadt am 18. Maerz in dem ausgetrockneten Flussbett des Turia zu einer explosiven Farben-, Licht- und Soundshow. Sie stimmt nachts zwischen 1:30 und 2 Uhr auf den letzten Festtag ein. Und den beginnt man am besten erst kurz vor 14 Uhr auf dem Rathausplatz, mit einer Kostprobe der Kunst der valencianischen Pyrotechniker bei einer Mascleta (Boellerkonzert). Schon eine Stunde vor 14 Uhr warten die Menschen dicht gedraengt. Es wird laut werden, warnt Juan: „Damit der Laerm entweicht, einfach ab und zu den Mund aufmachen. Das schont das Trommelfell“.
Die Sonne knallt und dann entlaedt sich die kilometerlange Boellerschnur, rhythmisch und ohrenbetaeubend. Der Platz huellt sich in dunklen Rauch. Die Masclets (Boeller) zerplatzen in der Luft. Es blitzt Gelb, Rot und Orange, als schwirrten Tausende Gluehwuermchen herum. Das fulminante Knallerkonzert bringt Magenwand und Trommelfell zum Vibrieren. Da bleibt einem fast automatisch der Mund offen stehen. Die Zuschauer stampfen und klatschen zum Finale. Zehn Minuten und das war´s. Ploetzlich Ruhe, der Himmel hellt sich wieder auf. Die Menschenmenge zerstreut sich. Nun wird es Zeit, noch einmal die Fallas in der ganzen Stadt zu bewundern.
Frueher bauten die Valencianos ihre Figuren noch selbst. Heute beauftragt das Falla-Komitee professionelle Falla-Kuenstler. Gemeinsam mit Handwerkern fertigen sie Modelle. Jede einzelne Figur wird aus einer Form gegossen, zusammengeklebt und nach dem Trocknen mit Acrylfarben bemalt. Monatelang wird gestaltet, gefeilt, geformt, poliert. Das Komitee fachsimpelt und ueberlegt hin- und her: Ist die satirische Botschaft klar? Ist das Holzgeruest, das die Komposition tragen soll, groSS genug? Stimmen Beleuchtung und Statik? Die Figurengruppe darf nicht zur Seite kippen, sondern muss auch bei starkem Wind in sich zusammenfallen, wenn sie verbrannt wird. Eine Wissenschaft fuer sich. Das Material sollte das leicht zu heben und schnell brennbar sein. Das ist groeSStenteils Maennersache und bis zum Fest alles streng geheim.
Am 14. Maerz sind in allen Stadtvierteln Falla-Kuenstler bis Mitternacht mit dem Aufbau beschaeftigt. Danach kann man die Fallas vier Tage lang bestaunen. Die Zimmerleute und Schreiner, die schon im 13. Jh. den Fruehling mit Feuern begrueSSten, haetten ebenfalls gestaunt, was aus ihrem einfachen Brauch geworden ist. Der alljaehrliche Wettbewerb um die schoenste Falla bringt immer groeSSere und verruecktere Kompositionen hervor.
Blumen fuer die Schutzpatronin der Stadt und Freudenfeuer
Das Fest hat auch einen religioesen Teil, die traditionelle Blumengabe an die Virgen de los Desamparados, die Schutzpatronin der Stadt. „Ein Drittel der Bewohner nehmen an dieser Prozession teil, das sind ueber 100 000 Menschen,“ sagt Juan. Ununterbrochen defilieren Paare, Familien, Jungen und Maedchen in praechtigen Trachten an der 15 m hohen Virgen vorbei. Sie uebergeben, oft traenenueberstroemt und gefuehlsbewegt, rote und weiSSe NelkenstraeuSSe an Maenner, die sie weiterreichen. Das Blumenkleid der Virgen bedeckt schon zur Haelfte das Holzgestell. In drei Etagen stehen Vestidores (Ankleider) uebereinander auf den Stufen des Geruests. Wie am FlieSSband wandern die Blumen von Hand zu Hand. Flink stecken die Maenner sie fest.
Juan betrachtet versonnen die Blumenuebergabe und die Jungfrau. Betet er? „Wir bitten um Gesundheit und Glueck und denken dabei auch an das vergangene Jahr“, erklaert er. Zwei ganze Tage dauert es, bis alle Prozessionsteilnehmer vorbeidefiliert sind. Zuletzt steckt die diesjaehrige Falla-Koenigin eine Blume an das Kleid der Schutzpatronin. Tausende Blumengaben bleiben uebrig. Die Valencianos, die ihre Jungfrau an den Tagen nach dem Fest besuchen, duerfen sie mit nach Hause nehmen.
Die Frauen sehen wie Prinzessinnen aus, in ihren farbenfrohen Kostuemen aus Seide und Damast. Ihr Zopf ist hinten und ueber den Ohren zu eleganten Schnecken aufgerollt. Unter dem weiten Rock des UEberkleids mit Schuerze, Schaerpe und Korsett stecken mehrere Unterroecke und Leinenunterwaesche. Alles stammt aus Spezialschneidereien, die ihre Existenz seit eh und je den Fallas verdanken. Verwendet man Gold, Silber und nur echte Kleiderstoffe, kostet ein solches Gewand schnell zwischen 2500 und 15 000 Euro. Der Preis haengt von der Qualitaet des Materials ab und natuerlich auch von der Menge des Stoffs: Bei Erwachsenen rechnet man 10 m pro Kostuem.
Um 18 Uhr beginnt am letzten Festtag die Cabalgata del Foc. An der StraSSe Colon laufen Drachenmenschen und Jongleure an den Zuschauern vorbei. Es zischt und knallt. Wieder spruehen bunte Feuerwerkfunken gen Himmel. Parallel startet eine Parade der Mauren und Christen. Pferde, Kamele, Taenzerinnen und streitbare Krieger mit schwarz bemalten Gesichtern defilieren etwa drei Stunden lang. Artistisch dressierte Pferde gehen kokett vor den huebschen Falleras in den Zuschauerreihen in die Knie.
Schlussakt: Um 23 Uhr lodern die Kinder-Fallas in Flammen. Um 24 Uhr brennen die Fallas in ganz Valencia und um 1 Uhr wird die Schnur an der von der Stadt gestifteten Falla auf dem Rathausplatz gezuendet. Stunden hoechster Konzentration und Wachsamkeit fuer Valencias versierte Feuerwehr. Nur wenige Meter von den Haeusern entfernt, schlagen die Flammen hoch, Knallkoerper explodieren.
Der feurige Abschluss des Festes ist fuer die Zuschauer ueberwaeltigend und fuer Valencias Feuerwehr eine echte Feuerprobe. Schuetzend bespritzen Uniformierte die Palmen und die Haeuser mit Wasser. In Sekundenschnelle verwandeln sich Tonnen Material und Millionen Euro in Feuer. Es regnet Funken, die Menge weicht zurueck. Brennt gleich die ganze Stadt? Sieh mal, dieser Himmel! Dramatisch schoene Momente. Ob bei der Crema (Verbrennung der Fallas) wirklich alles glimpflich abgelaufen ist, steht erst in der Zeitung vom Folgetag.
Petra Sparrer
Praktische Hinweise:
Stadt Valencia: Deutsche Website von Turis Valencia, www.turisvalencia.es/indexaspx
Region Valencia: Deutsche Website von Valencia Tourism, www.communitatvalenciana.com
Museo Fallero, Plaza Monteolivete 4, 46006 Valencia, geoeffnet Di-Sa, 10-14, 16.30-20 Uhr. Begnadigte Ninots.
Museo del Gremio de Artistas Falleros, Avda. San Jose Artesano, 17, 46025 Valencia, geoeffnet, Mo-Sa 10-14 und 16-19 Uhr. Kunsthandwerk der Falla-Kuenstler.