Wer die knallharte Umtriebigkeit von Ryanair-Boss Michael O’Leary kennt, hätte es absehen können: Das Urteil einer Richterin der 13. Kammer des Handelsgerichts in Madrid, wonach die zusätzlichen Preise für den Handgepäckkoffer eines Passagiers für illegal erklärt wurden, muss umgesetzt werden. Aber natürlich so, dass diese bisherige Zusatzeinnahme für die Airline nicht wirklich schmerzt. So jedenfalls wird man wohl in der irischen Zentrale der Airline denken.
Ryanair zeigt dabei einmal mehr ihr trickreiches manövrieren mit der Realität: Wer jetzt online eincheckt wird weiterhin Schritt für Schritt darauf hingewiesen, dass er möglichst viele Zusatzleistungen zukaufen soll: Sitzreservierung, Snacks, Aufgabegepäck, Versicherung und insbesondere auch ein zusätzliches Handgepäck neben der kleinen Gratis-Handtasche, die gerade einmal ein Butterbrot und ein Tablett-PC fasst und unbedingt unter den Vordersitz passen muss.
Etwa fünf Schritte beim Online-check-in sind nötig bis zur Bordkarte. Wer bis dahin das Extrahandgepäck für um die zehn Euro nicht dazu gebucht hat, der erfährt auf Spanienflügen der Fluggesellschaft eine Überraschung. Denn auf der ganz zum Schluss auszudruckenden Bordkarte wird neben der Handtasche auch auf die kostenlose Mitnahme eines zweiten Handgepäckstückes hingewiesen. Ganz im Sinne des Madrider Urteils also, wonach die Geldforderung für ein übliches Handgepäckstück wie zum Beispiel einen kleinen Rollenkoffer „missbräuchlich“ ist.
Das Vorgehen wirkt ein wenig perfide, denn wer den zahlreichen Werbeaufforderungen der Airlines der Ryanair-Gruppe folgt und das zweite Handgepäckstück vorab bezahlt, wird am Ende des Online-Buchungsvorgangs natürlich auch eine Bordkarte erhalten, auf der das normale Handgepäck und eine kleine Handtasche ausgewiesen sind.
Anders ausgedrückt: Wer meint sicher gehen zu müssen und für die Handgepäcktasche zahlt, ist der Dumme. Zwar gilt das Urteil wohl für Spanienflüge der Airline, da für Reisen ohne Bezug zu dem Land im Einzelfall kein spanisches Gericht zuständig sein dürfte, allerdings droht auch in anderen Ländern gegebenenfalls Ungemach wenn es – wie von dem Gericht in Madrid betont – richtig ist, dass das Urteil auf einer EU-Richtlinie basiert. Sollten also andere Gerichte in der EU die Sache ähnlich sehen wie Madrid, dürfte dies für den trickreichen Billigheimer Ryanair und seine Töchter Laudamotion und Malta Air zum Einnahmeproblem werden. Und das in Zeiten, in denen das Geschäftsmodell der Billigflieger ohnehin durch Steuerdiskussion auf Flugtickets, Flugscham und Zusatzkosten durch gewerkschaftliches Engagement des Personals in ganz Europa langfristig weiter ins Wanken gerät. Ryanair ist in Spanien der größte Anbieter von Inlandsflügen. Dort muss die Airline also wohl zukünftig schon mit Mindereinnahmen für Handgepäck rechnen./cad