Tourismus Österreich: ÖHV zu Regierungskompromiss – Sparsame Gebarung ja, Querfinanzierung nein


28 Mrz 2008 [16:18h]     Bookmark and Share


Tourismus Österreich: ÖHV zu Regierungskompromiss – Sparsame Gebarung ja, Querfinanzierung nein

Tourismus Österreich: ÖHV zu Regierungskompromiss – Sparsame Gebarung ja, Querfinanzierung nein



Vermögenszuwachssteuer schwächt Eigenkapital, gefährdet Jobs

Wien – Überwiegend Zustimmung zum Regierungskompromiss kommt von der ÖHV – mit einer Ausnahme: Die Vermögenszuwachssteuer müsse überdacht werden, diese könnte sich gerade für Tourismusbetriebe als ruinös herausstellen. Zahlreiche Arbeitsplätze wären damit gefährdet.

Außer Streit stehen die Eckpunkte des von Bundeskanzler Gusenbauer und Vizekanzler Molterer präsentierten Entlastungspakets: „Das Kernstück des ersten Steuerreform-Pakets ist sicher die Lohnnebenkostensenkung für die unteren Einkommensschichten mit einer Absage an eine weitere Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge. Das ist seit Jahren unsere zentrale Forderung für den österreichischen Tourismus. Umso mehr freut uns, dass hier ein Durchbruch erzielt wurde“, erklären die Präsidenten der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Peter Peer und Sepp Schellhorn. Auch weitere angekündigte Schritte wie die Reform des Gesundheitswesens würde die Hotellerie absolut begrüßen, so die Präsidenten.

ÖHV unterstützt Regierungsbekenntnis zu sparsamer Gebarung

„Bayern mit doppelt so vielen Einwohnern wie Österreich hat eine Krankenkasse, die nicht weiß, was sie mit ihren Gewinnen machen soll – wir haben 19 zum Großteil defizitäre. Hier ist die Politik gefragt, hier müssen Strukturen aufgebrochen und Doppelgleisigkeiten abgeschafft werden. Wichtig wird jetzt sein, sich auch gegen den Widerstand lokaler Funktionäre durchzusetzen“, so Schellhorn. Das Bekenntnis zu einer sparsamen Gebarung auch im Gesundheitsbereich sei überfällig gewesen, verweist Schellhorn auf die Aussagen des Regierungskoordinators Umweltminister Pröll. Nun sei Schluss mit der bisherigen Usance, jede Kostensteigerungen einfach auf die Beitragszahler abzuwälzen, wie das zuletzt zum Jahreswechsel geschehen sei. „Wer nachhaltig wirtschaftet, kann sich zu einem Verzicht auf eine weitere Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge bekennen. Das ist der erste Schritt zur Lohnnebenkostensenkung“, so Schellhorn.

Vermögenszuwachssteuer in jeder Hinsicht kontraproduktiv

Bevor eine Querfinanzierung via Vermögenszuwachssteuer angedacht werde, müssten sämtliche Einsparungspotenziale ausgeschöpft werden, so Schellhorn: „Das Gesundheitssystem in der Form ist historisch gewachsen und gehört dringend entrümpelt – sonst ist es bald Geschichte.“ Die Sinnhaftigkeit einer Drittmittelfinanzierung müsse in Frage gestellt werden: „Wir sind hier auf einer Linie mit Wirtschaftsminister Bartenstein – die Vermögenszuwachssteuer kann nur die ultima ratio sein“, erklärt Schellhorn, der Bartensteins Tourismuspolitik hervorhebt: Die beim ÖHV-Hotelierkongress von Bartenstein persönlich versprochene Deckelung der Ökostromabgaben für die energieintensive Hotellerie sei das beste Beispiel für Bartensteins umfangreiches und detailliertes Wissen um die Anliegen der Branche.

Vermögenszuwachssteuer: Sand ins Getriebe des Jobmotors Tourismus?

„Wir müssen das Gesundheitssystem langfristig auf gesunde Beine stellen, und das kann nur über eine Strukturbereinigung geschehen. Klassenkämpferische Slogans helfen nicht weiter. Eine Querfinanzierung würde einer Weiterführung der bisherigen Schuldenpolitik Tür und Tor öffnen – nur diesmal auf Kosten dritter, die keine Leistungen beziehen“, so Peer. Die Euphorie des ÖGB über diesen vermeintlichen Erfolg könne sich als kurzsichtig erweisen: Die Vermögenszuwachssteuer würde gerade die Kernklientel der Gewerkschaft massiv treffen, da Betrieben mit schwacher Eigenkapitalstruktur der Boden unter den Füßen weggezogen würde. „Das würde Wachstumsbranchen mit hohem Investitionsbedarf wie den Tourismus massiv treffen. Das ist Sand im Getriebe des Jobmotors“, so Peer. Zwar habe sich das im Durchschnitt negative Eigenkapital der Branche in den vergangenen Jahren stark verbessert, ideal sei die Situation aber noch lange nicht: „Tourismusbetriebe stehen in Finanzierungsfragen oft stark unter Druck. Dabei weist die Hotellerie als eine der stabilsten Branchen eine weit niedrigere Insolvenzquote auf als die Gesamtwirtschaft“, verweist Peer auf eine aktuelle Untersuchung der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank auf Basis von KSV-Daten. Experten warnen vor den standortpolitischen Auswirkungen einer solch leistungsfeindlichen Steuer. „Dabei nur an Betriebsansiedlungsbilanzen zu denken, greift zu kurz. Fatal wirkt sich eine derartige Belastung vor allem auf die Betriebe aus, die nicht ausweichen. Und das ist nun einmal die Hotellerie“, so Peer.

Negative Auswirkungen über Generationen

Die Auswirkungen dieser Vermögenszuwachssteuer würden sogar die nächste Hotelier-Generation treffen: Hotelierskinder, die bei der Unternehmensnachfolge nicht im Betriebsgeschehen bleiben, müssen dem in Österreich geltenden Pflichtteilsrecht zufolge nach Prozentsätzen abgefunden werden, die sich am Vermögen orientieren – eine sich von Generation zu Generation wiederholende Belastung. Wertpapiere waren hier eine wertvolle, zweckorientierte Ansparhilfe zur notwendigen Absicherung. Mit einer Vermögenszuwachssteuer würde dieses wertvolle Instrument massiv beeinträchtigt.

Die ÖHV vertritt die Interessen von über 1.100 Betrieben der Ferien-, Konzern- und Stadthotellerie. Das ist der höchste Mitgliederstand seit der Gründung der ÖHV. Die Bettenkapazität der ÖHV-Mitgliedsbetriebe entspricht damit über 63% der Betten in der 4- und 5-Sterne-Hotellerie. Diese Betriebe zeichnen sich durch ausgeprägte Servicequalität, Spezialisierung und/oder nachhaltige Innovationskraft aus. Die Mitgliedsbetriebe der ÖHV beschäftigen rund 30.000 Mitarbeiter, das sind 30 % aller Mitarbeiter in der Beherbergung. Der Logisumsatz der ÖHV-Mitglieder beträgt ca. 900 Mio. Euro.







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