Ein bisschen erinnert es mich ja an Ich & Ich, wenn Mein-Mio-Sänger Sebastian Block sensibel lossäuselt. Deutsch, weich und lebensnah: Das sind Mein Mio.
Artist: Mein Mio
Title: Irgendwo in dieser Stadt
Homepage: www.meinmio.de
Deutscher Pop aus Berlin ist nicht neu. Deutscher Pop aus Berlin ist eigentlich ein alter Hut, der nur immer wieder auf neuen Köpfen sitzt und da ganz anders wirkt. So erfinden auch Mein Mio die Musik nicht neu, aber der alte Hut steht ihnen ganz gut – sie wissen ihn zu tragen.
Auf „Irgendwo in dieser Stadt“ geht es um das Leben, um das Alltägliche, das im Kleinen das Besondere in sich trägt. Um persönliche Geschichten, die so auch jedem Hörer in jeder Stadt passiert sein könnten. Getextet ist schlicht, manchmal ein bisschen kindlich naiv, aber charmant.
Vielleicht ist es auch das Glockenspiel, das eine naive Wirkung mit sich bringt. Oder aber die zarte Stimme. Mir jedenfalls fehlt es ihr ein bisschen an Kraft und Energie. Die Chöre (z.B. bei „Wenn wir wüssten“) irritieren und verstören zumindest mich, statt das Bild für mich abzurunden.
Instrumental wäre mein Mio eine klassische deutsch-Pop Kombo, wäre da nicht das Klavier, das den Liedern noch einen kleinen aber feinen Schliff gibt, mal sehr zurückhaltend, mal etwas dominanter. In der Kombination mit dem Glockenspiel ergibt sich instrumental ein wunderbares Gesamtbild.
Die Melodien sind eher einfach gehalten, dürften ruhig etwas mutiger arrangiert sein und mehr zum Mitsingen einladen. Sie plätschern wie ein Dorfbach genüsslich vor sich hin, sind idyllisch und stören nicht – reißen aber auch nicht so recht mit.
„Vorsicht an den Türen“ fällt aus diesem Gesamtbild positiv heraus: Hier wittere ich einen Hit, einen Ohrwurm. Das mag an der eindeutigeren, unverwechselbareren Melodie liegen, aber auch an der kraftvollen Gitarre, die sich mit dem Klavier perfekt ergänzt. Ich würde mir insgesamt mehr dieser klareren Strukturen wünschen.
Mein Mio haben Potential, das es in Zukunft zu schöpfen gilt. Nicht umsonst werden sie von der nationalen Presse hoch gelobt. Sie habe ein Gefühl für Musik und setzen ihre Vorstellung deutschen Pops um. Auf die zukünftige Entwicklung bin ich sehr gespannt.
Für Freunde weicher Klänge in der Welt deutschsprachiger Musik dürfte das Album „Irgendwo in dieser Stadt“ viel zu bieten haben. Ein Reinhören lohnt sich – allerdings entwickelt sich das Gesamtbild erst bei mehrmaligem Hören.
[Christine Drogt]