Aber hallo – was ist denn das? Nach langer, langer Zeit (abgesehen von ihren zahlreichen Livepräsentationen) melden sich die Kafkas wieder zurück im Universum musikschaffender Künstler.
Artist: KAFKAS
Titel: LD 50 (EP)
Homepage: www.sklavenautomat.de
Ich füttere das Laufwerk also mit der Scheibe und warte ab, was meine Ohren in den 5 vorliegenden Stücken erwartet. Und es geht gleich gut los: Mit „..wenn es eine Hölle gibt“ sehe ich mich einem Punkrock-Lovesong gegenüber gestellt, der mich bestechend an Muff Potter erinnert – und das allein sollte ein Prädikat guter Qualität sein. Da spielen die Herren einen klassischen Punkbeat und singen authentisch vom Verlassenwerden, ohne dabei in bösartigen Kitsch abzugleiten, obwohl der Refrain „Wenn es einen Himmel gibt, dann nur mit dir. Und wenn es eine Hölle gibt, dann ist sie hier.“ Natürlich reichlich kitschpotential enthüllt. Es ist wohl dem musikalischen Gefüge zu verdanken, dass Punk hier Punk bleibt. Eigentlich doch schön, dass auch de wilden Punks ihre Leiden, Sorgen und ihrem Liebeskummer ganz ungeniert präsentieren können. Wozu unnötige und künstliche Härte, wenn ein gebrochenes Herz sich so wuchtig verpacken lässt?
Der zweite Titel ist wahrlich eine Überraschung. Ich hatte bei de Kafkas sicher nicht mit Electropop gerechnet. Aber auch das können sie, wie mir scheint. Mit ihrem kraftvollen Sprechgesang machen sie Spaß und ich kann mir hierzu durchaus ein schwungvolles Tänzchen zusammensinnieren.
Als Freund guter Ska-Musik überzeugt mich das dritte Stück dieser EP vom ersten Moment an: „Irgendwann ging es schief“ ist Punkrock mit Skariffs, bei denen kein Fuß still stehen kann und darf. Sie singen vom Scheitern ihrer Pläne, von Erkenntnissen über das eigene Leben, die morgens an der Bar kommen. Und diese Geschichten kaufe ich ihnen ab.
Mit „Damit anzufangen, damit aufzuhören“ geben die Kafkas ordentlich Gas. Hier wird es schnell, hier wird es wild, hier wird gerockt und „gepogt“, hier geht die Luzie ab. Das ist Punkrock vom Feinsten, schmuddelig – eben richtiger Schweine-Punkrock. Das macht Spaß. Das verstehen der Texte rückt hierbei etwas in den Hintergrund, was schade ist, den sie können es ja . das Texten. Das letzte Stück dieser EP – „Oder langsam sterben“ – tendiert mehr in den Rockbereich, erhält sich aber auch dabei seine Punkattitüde.
Die Kafkas präsentieren sich auf LD 50 abwechslungsreich und vielseitig talentiert. Von Ska über Minimalelectro bin hin zu Punk geben sich in jedem Bereich alles, bleiben dabei glaubhaft und sind immer auch ein Stückchen poppig. Da wächst die Freunde über die Rückkehr aus der Versenkung und die Neugier auf mehr wird geweckt. Für Freunde punkiger Rockmusik liegt hier ein solides Stückchen Musik vor.
[Christine Drogt]