Evangelische Kirche mit neuem Internetportal für Radtouristen
Hannover – Zur Sommer- und Ferienzeit erfreuen sich nicht nur die Autobahnkirchen besonderer Beliebtheit. Immer mehr Kirchengemeinden beantragen das Signet einer „Radwegekirche“ und zeigen damit, dass sie Fahrrad-Reisenden ein besonderes Angebot machen. Eine neue Internetplattform der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bietet unter online jetzt einen Überblick über die bislang 175 Radwegekirchen bundesweit.
Vom Bodensee bis nach Flensburg gibt es zahlreiche Radwege für Jung und Alt, für Genussradler oder sportlich Aktive, für Individualisten, Gruppen und die ganze Familie. Der Entwurf für einen neuen Nationalen Radverkehrsplan, durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Mai 2012 veröffentlicht, spricht von einer „neuen Fahrradkultur“: Im Zeitraum von sieben Jahren habe der Radverkehr bundesweit bezogen auf die Anzahl der Wege um 17 Prozent zugenommen, mehr als 200 überwiegend regionale touristische Radwege durchziehen das Bundesgebiet.
Kirchen sind auf diesen Wegen weithin sichtbarer Orientierungspunkt. Deshalb werden sie von Radreisenden gern gewählt für eine Rast. Immer mehr Kirchengemeinden stellen sich auf diesen Trend ein und halten neben der offenen Kirche spezielle Angebote für Radfahrer bereit. „Viel braucht es nicht“, erzählt Thomas Persitzky, Pfarrer an der evangelischen St. Lorenzkirche im Herzen der Stadt Hof. „Nötig sind eine Abstellmöglichkeit für Fahrräder, Bänke und Tische für eine Rast, Wasser für durstige Kehlen und eine Toilette in der Nähe.“ Die fränkische Kirchengemeinde bietet darüber hinaus ein Kirchencafé, das als Sozialprojekt mit langzeitarbeitslosen Menschen geführt wird. „Unsere Gemeinde ist seit längerem stark diakonisch ausgerichtet“, erklärt der Pfarrer, „mitten im hektischen Treiben der Stadt sind wir eine richtige Oase. Da lag es nahe, auch die Radtouristen des nahen Saale-Radwanderweges hinauf zu unserer Kirche zu lotsen.“ Diese finden nun neben einem freundlichen Rastplatz die Gelegenheit, in der Stille der Kirche auch ihrer Seele Ruhe und Besinnung zu schenken.
Der Saale-Radwanderweg ist der Radweg mit den meisten Radwegekirchen: Auf 427km finden sich insgesamt bereits 58 Kirchen mit dem entsprechenden Signet. Zur Radwegekirche wird eine Kirche dann, wenn sie sich an der Route eines Radwanderweges befindet, die
Kirchengemeinde die damit verbundenen Richtlinien erfüllt und das Signet von der zuständigen Landeskirche verliehen bekommt.
Bereits mehr als 170 Kirchen sind auf der Internetplattform eingetragen. „Radwegekirchen sind eine spezielle Form der verlässlich geöffneten Kirchen“, sagt Thorsten Latzel, zuständiger Oberkirchenrat im Kirchenamt der EKD in Hannover. „Das Angebot wendet sich an alle Menschen, die die Kirche als besonderen Ort suchen – sei es als Gotteshaus, als Ort der Stille oder als kulturelle Sehenswürdigkeit. Sie sollen sich setzen können, zur Ruhe kommen, eine Kerze anzünden, der Orgelmusik lauschen oder ein Gebet sprechen.“ Dass Kirchen, die an einem Radweg liegen, sich speziell auf Radtouristen einstellen, frisches Wasser und mitunter auch Reparaturwerkzeug oder die Vermittlung von Übernachtungen anbieten, sei folgerichtig. Die Webseite zeigt anschaulich die Gastfreundschaft, die zum Glauben und Leben der christlichen
Gemeinden selbstverständlich hinzugehört.
Im thüringischen Nordhausen öffnet die Frauenbergkirche ihre Türen für müde Radfahrer. „Wir halten unsere Kirche offen, auch wenn wir
nicht zu allen Zeiten eine Aufsicht stellen können“, erklärt Pfarrer Friedemann Büttner. Im vergangenen Jahr war er auf dem Oder-Neiße-Radweg unterwegs. Dort hat er so viele gute Erfahrungen mit verlässlich geöffneten Kirchen gemacht, dass er es in Nordhausen auch probieren wollte. Die Kirchengemeinde setzt dabei auf den Vorbildcharakter seiner Initiative. Noch gibt es im näheren Umkreis keine weitere Radwegekirche. Doch das soll sich ändern. „Wir warten darauf, dass der Lutherweg weiter entwickelt wird, er soll auch für Fahrräder geeignet sein“, erklärt der radbegeisterte Pfarrer. „Dann werden sicher weitere Kirchengemeinden das leuchtend grüne Signet der Radwegekirchen an ihr Kirchenportal montieren.“
Die Bewegung ist noch jung. St. Lorenz in Hof war der 173. Eintrag, die Frauenbergkirche in Nordhausen Nummer 175. Radwege kennen keine landeskirchlichen Grenzen. Deshalb ist der EKD-weite Internetauftritt wertvoll für alle, die auf ihrer Radtour gern Kirchen aufsuchen.
Foto: Edgar Delmont