Auf der größten Landschaftsbaustelle Europas erhalten weite Teile der Leipziger Region ein neues Gesicht.
Vor 15 Jahren noch karg und von Bergbau und Industrie belastet, entsteht innerhalb von nur 25 Jahren eine von zahlreichen neuen Seen geprägte, sanierte und neu gestaltete Landschaft. Es entstehen 19 neue Seen mit einer Gesamtwasserfläche von fast 70 qkm. Besondere Bedeutung und Anziehungskraft wird zudem dem entstehenden Wasserwegenetz beigemessen, das die Stadt Leipzig an die umliegenden Gewässer anbinden wird. Mit der dann möglichen Kombination von städtischem Flair und vielfältiger Seennutzung verfügt das Leipziger Neuseenland über ein Alleinstellungsmerkmal.
Für Leipzig selbst bedeutet das Konzept auch eine Rückkehr zu ihrer Tradition als Wasserstadt. Schon immer wurde die Stadt in besonderer Weise von Pleiße, Parthe und Weißer Elster geprägt. Waren es zunächst hauptsächlich Handwerk und Handel, die die Flüsse und später angelegten Mühlgräben nutzten, so entstanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts erste Flussbadeanstalten und ein reger Bootsverkehr. Mit Karl Heine gab es bereits einen Vordenker des Gewässerverbundes. Seine Vision der Anbindung Leipzigs über den Elster-Saale-Kanal an die Saale wird im Rahmen des modernen Gewässerverbundes verwirklicht.
Ermutigende Entwicklungen
Anfang der 1990er Jahre begann die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) als zuständige Projektträgergesellschaft mit der Rekultivierung der bergbaulich in Anspruch genommenen Flächen. Nachdem die Tagebauböschungen gesichert sind, stehen jetzt die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen im Mittelpunkt der Arbeit. Zur Flutung der künftigen Tagebauseen im Südraum von Leipzig wurden bisher rund 400 Mio. m³ Wasser zugeführt. Der 5. August 1993 markiert den Beginn der Flutung im Leipziger Neuseenland. Die an diesem Tag begonnene Flutung des Cospudener Sees endete mit der Nutzungsfreigabe am 1. Juni 2000. Dieser See, der gleichzeitig Korrespondenzstandort zur EXPO 2000 wurde, etablierte sich schnell als Besuchermagnet. Heute erholen sich dort ca. 500.000 Menschen pro Jahr. Der südlich des Cospudener Sees gelegene Zwenkauer See wird voraussichtlich 2014 als letzter See des Leipziger Neuseenlandes vollständig gefüllt sein.
Entwicklungsziele und Entwicklungsetappen
Neben der Planung und Durchführung der Erschließung der einzelnen Seen ist es vor allem der geplante Gewässerverbund mit seinem über 225 km ausgedehnten Wasserwegenetz, der in Zukunft entwickelt und umgesetzt werden muss. Nach aktuellem Stand sind sieben Kurse konzipiert, wovon einer als Stadtkurs innerhalb der Stadt Leipzig geplant ist. Die restlichen sechs Kurse münden von Leipzig aus in drei verschiedene Entwicklungskorridore: in Richtung der südlich von Leipzig gelegenen Region sowie in Richtung Saale. Ferner ist beabsichtigt, im Süden und im Norden des Leipziger Neuseenlandes einzelne Seen separat zu entwickeln.
Stadthafen Leipzig – Cospudener See – Zwenkauer See
Die geplante Wasserstraße vom zukünftigen Leipziger Stadthafen zum Zwenkauer See über den Cospudener See schafft eine Verbindung zwischen der Metropole Leipzig und den Freizeitmöglichkeiten im Umland (Vergnügungspark Belantis, Auwald, Cospudener See). Das Teilstück Stadthafen Leipzig – Cospudener See wird 2009 die erste fahrbare Verbindung von der Stadt Leipzig ins Neuseenland sein. Zur Realisierung des Kurses muss am Connewitzer Pleißewehr noch eine Schleuse errichtet werden, die für muskelbetriebene Boote und LeipzigBoote passierbar ist. Zur endgültigen Befahrbarkeit müssen noch die Gewässerabschnitte Waldsee Lauer–Floßgraben–Bahnbrücke durchgehend bootsgängig gemacht werden. Vom Cospudener See wird schließlich eine Kanal-Verbindung in den Zwenkauer See führen. Zusätzlich soll der natürliche Überlauf des Zwenkauer Sees in den Cospudener See im Bereich des ursprünglichen Floßgrabens östlich des Cospudener Sees für Kanus passierbar gemacht werden. Es entsteht ein Wasserkurs von etwa 12,5 km Länge, der mit der endgültigen Flutung des Zwenkauer Sees ab 2013 auf der gesamten Strecke befahrbar ist.
Stadthafen Leipzig – Markkleeberger See – Störmthaler See
Eine weitere Route ins Leipziger Neuseenland führt ausgehend vom Stadthafen Leipzig über den Markkleeberger See in den Störmthaler See. Auch dieser Kurs führt über das noch auszubauende Connewitzer Pleißewehr. Für den daran anschließenden Abschnitt muss die Pleiße zwischen dem Connewitzer Wehr und dem agra-Wehr auf einer Länge von etwas mehr als 5 km bootsgängig gemacht werden. Die günstigste Variante zur Anbindung der Pleiße an den Markkleeberger See wird momentan noch untersucht. Ziel für die Freigabe der Gesamtstrecke von ca. 18 km Länge ist 2011.
Stadthafen Leipzig – Saale
Mit der Anbindung der Stadt Leipzig an die Saale erfolgt zugleich die Anbindung des Gewässerverbundes an das europäische Wasserstraßennetz. Geplant sind zwei unterschiedliche Routen. Vom Stadthafen aus führt ein Kurs am Waldstraßenviertel und Rosental entlang ins Gebiet des Leipziger Auensees. Bootstouristen haben die Wahl zwischen zwei parallel verlaufenden Routen, entweder auf der Weißen Elster oder über die Neue Luppe. Ab Schkeuditz führt der Kurs über die Weiße Elster und durch unberührte Auenlandschaften bis zur Saale nach Halle. Der zweite Kurs zur Saale greift die Idee Karl Heines auf. Leipzigs Stadthafen wird über den Karl-Heine-Kanal mit dem Lindenauer Hafen verbunden. Von da aus führt der zwischen 1933 und 1942 begonnene Elster-Saale-Kanal zur Saale. Vom Karl-Heine-Kanal zum Lindenauer Hafen fehlen noch 620 m, vom Lindenauer Hafen zum Elster-Saale-Kanal 75 m. Der Elster-Saale-Kanal ist auf einer Strecke von 11 km ausgehoben und geflutet, weitere 3 km sind ausgehoben, aber nie geflutet worden. Die restlichen 4,8 km des Kanals fehlen komplett. Die Lücken sollen geschlossen werden.
Stadthafen Leipzig
Im Herzen Leipzigs entsteht das Zentrum des Gewässerverbundes. Unmittelbar am Elstermühlgraben wird auf einer Gesamtfläche von 21.451 qm (Wasserfläche: 9.132 qm) der Leipziger Stadthafen gebaut. Im Rahmen des Gewässerverbundes wurden sieben Kurse konzipiert, die alle mit Längen zwischen 7,5 km und 41 km am Leipziger Stadthafen beginnen. Rund um das Hafengebiet entstehen Wohnungen, Büros, Gewerbe, Geschäfte und gastronomische Einrichtungen. Auch klassische Hafenanlagen werden errichtet, mit ausreichend Anlegestellen sowie Liegeplätzen für Fahrgastschiffe, Sportboote und Kleinboote. Der Spatenstich ist für Ende 2007 vorgesehen. Bereits zwei Jahre später soll der Hafen eröffnet werden, so dass Boote zwischen dem Stadthafen Leipzig und dem Cospudener See verkehren können.
Offenlegung Elstermühlgraben und Pleißemühlgraben
Infolge der Verunreinigung der Leipziger Fließgewässer durch den Braunkohleabbau und die Industrie wurden die Mühlgräben der Stadt Mitte des 20. Jahrhunderts überwölbt. Um das Stadtbild Leipzigs wieder seinen wassergeprägten Ursprüngen anzunähern, wurde Anfang der 1990er Jahre beschlossen, die Mühlgräben wieder weitgehend zu öffnen – zumal die Flüsse durch den industriellen Wandel nicht mehr verunreinigt sind. Der 4,4 km lange Elstermühlgraben ist momentan noch auf 995 m überwölbt. Durch ihn wird die Stadt Leipzig an das Gewässernetz angebunden. Bei einer Gesamtlänge von 3.737 m war der Pleißemühlgraben vor der Offenlegung auf 2.893 m überwölbt. In mehreren Abschnitten wurden mittlerweile 1,1 km freigelegt.
Gewässertouristische Entwicklung Nordraum
Die im Nordraum Leipzig befindlichen Seen werden ebenso eigenständig entwickelt. Das betrifft die südlich von Delitzsch gelegenen Werbeliner See und Schladitzer See sowie den Goitzschesee und den Seelhausener See. Die beiden letzteren werden zusammen eine Wasserfläche von rund 2.000 ha bilden.
Leipzig Boot
Um weite Teile des Gewässerverbundes auch mit motorbetrieb
enen Booten befahren zu können, wurde das sogenannte LeipzigBoot entwickelt. Dieses hat einen geringen Tiefgang und verursacht nur wenig Wellenbewegung. Der Antrieb erfolgt durch Elektroenergie, die durch einen Gasgenerator erzeugt wird. In sensiblen Naturbereichen ist das Umschalten auf Batteriebetrieb möglich. Doch auch die Befahrung der Seen im Umland ist problemlos möglich. Das als Sportboot (LeipzigBoot I für 4 – 6 Personen) oder Mehrpersonenboot (LeipzigBoot II bis 18 Personen) konzipierte Boot eignet sich damit hervorragend für den Einsatz im künftigen Gewässerverbund. Für 2007 ist der Bau eines Prototyps geplant.