Kreuzfahrt: In Talar und Bermudashorts


04 Nov 2010 [17:32h]     Bookmark and Share


Kreuzfahrt: In Talar und Bermudashorts

Kreuzfahrt: In Talar und Bermudashorts



Knut Soppa arbeitet als Pfarrer an Bord der ASTOR

Bremen – Ob Noah und die Arche, Jona und der Wal oder Moses und das rote Meer – in der Bibel dreht sich vieles ums Wasser. Auch Pfarrer Knut Soppa liebt das Meer, eine salzige Brise und das Gefühl, der Welt mit jeder Seemeile näher zu kommen. Und so entschied sich der 71-jährige Ruheständler im Anschluss an eine Kreuzfahrt mit der ASTOR für den Dienst als Bordpfarrer beim Bremer Kreuzfahrtanbieter TransOcean. „Für viele Gäste sind diese Urlaubs-Gottesdienste sicherlich ein bisschen ungewohnt“, schmunzelt Soppa. Denn die Andachten finden im Captain’s Club statt, der exklusiven Bordbar des Kreuzfahrtschiffs, in deren Mitte extra ein Altar aufgebaut wird. „Da steht schon mal ein Mitarbeiter an der Theke und bereitet während der Predigt Getränke zu. Aber gerade solche Besonderheiten machen das Ambiente einzigartig.“ Ohnehin hat Knut Soppa eine Vorliebe für besondere Arbeitsplätze: In seiner Heimat Berlin war er bis zum Ruhestand Pfarrer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Gemeinde, die in der weltberühmten Kirche ihre Gottesdienste feiert.

Nach der Andacht trägt der Pfarrer zivil und tauscht – je nach Region – den Talar gegen Bermudashorts und T-Shirt oder Jeans und Windjacke. Denn für die Landausflüge, die er als Reiseleiter betreut, muss das Outfit vor allem praktisch sein. Viel Freizeit hat er inmitten der entspannten Ferienstimmung jedoch nicht. „Natürlich nutze ich die Zeit auch, um Land und Leute kennen zu lernen“, so der Pastor. „An erster Stelle steht jedoch meine Tätigkeit als Seelsorger.“ Und das bedeutet für ihn: für andere da zu sein ­– auch im Urlaub. „Gerade an Bord eines Kreuzfahrtschiffs haben die Passagiere viel Zeit, um sich mit Fragen zu beschäftigen, die sie zu Hause eher beiseite schieben“, erzählt er. Ihm ist wichtig, dass er nicht nur für die Gottesfrage, sondern auch für Alltagsprobleme wie Ehekrach, bei Ver­lustängsten oder wegen beruflicher Veränderungen als Gesprächs­partner zur Verfügung steht.

Genügend Zeit für Gespräche

Genug Zeit für Gespräche bleibt allemal: Ab 30. November begleitet der Pfarrer das familiäre Kreuzfahrtschiff, auf dem maximal 578 Passagiere Platz finden, mehr als zwei Monate lang auf dem ersten Teil der ASTOR-Weltreise, die von Nizza in die Karibik, durch die Südsee und über Australien nach Hongkong führt. „Am meisten freue ich mich auf Sydney, die Stadt hat einfach den schönsten Hafen der Welt. Ich verbinde mit Sydney viele unvergessliche Erinnerungen, da ich hier nach meiner ersten Kreuzfahrt von Bord gegangen bin.“ Aber auch der Fahrt durch den Panamakanal und dem Insel-Hopping in der Südsee blickt er erwartungsvoll entgegen. „Die Reise zeigt viele Gesichter, landschaftlich wie menschlich. Das macht meine Tätigkeit so einzigartig.“

Die Gottesdienste, zu denen je nach Reisegruppe etwa 50 Passagiere kommen, feiert der evangelische Pfarrer ökumenisch. „Ich biete zum Beispiel auch Katholiken an, das Abendmahl zu feiern. Das kommt gut an und ich freue mich, wenn sich die Menschen für etwas Neues öffnen“, so der Pfarrer. „Die Arbeit an Bord eines Kreuzfahrtschiffs ist jedoch etwas anderes als in einer Gemeinde. Schließlich haben wir eine wechselnde Gruppe von Leuten und wenig Routine.“ Daher sei es ihm besonders wichtig, neue Gäste auch im Gottesdienst willkommen zu heißen und persönlich einzuladen. „Ich profitiere auch davon, dass die Leute mich als Mensch kennen lernen, im Restaurant, an Deck oder bei Ausflügen, so sinkt die Hemmschwelle, in den Gottesdienst zu kommen“, ist der Meeres-Seelsorger überzeugt und ergänzt schmunzelnd: „Wir haben 33 Seetage. Da ist die Chance recht hoch, dass sich jemand morgens in den Captain’s Club verirrt.“

Sommerliche Feiertage auf der Südhalbkugel

Besonders schön wird die Atmosphäre an Weihnachten, wenn der Chor singt und Weihnachtslieder durchs ganze Schiff hallen, während die ASTOR über die sanften Wellen des Südpazifiks gleitet – mitten im Sommer der Südhalbkugel. „Wir sind den ganzen Tag mit den Passagieren zusammen. So feiert man nicht nur die Christmette gemeinsam, sondern das ganze Weihnachtsfest wird persönlicher“, erzählt der Pfarrer. Für seinen Dienst als Bordpfarrer hat er sich bei der Evangelischen Auslandsberatung in Hamburg beworben. Nicht ungewöhnlich für den abenteuerlustigen Berliner. „Gehet hin in alle Welt“, heißt es schließlich schon im Matthäus-Evangelium.

Die Reiseroute der ASTOR und den biblischen Bezug zu den Reisezielen versucht Knut Soppa in seine Predigten einzubauen, das gefällt nicht nur den Gottesdienstbesuchern: „Zu meinem Vortrag, die Fahrt der ASTOR vor dem Hintergrund biblischer Geschichte zu betrachten, sind mehr als 70 Passagiere gekommen. Mit einem solchen Andrang hatte niemand gerechnet, ich am wenigsten.“ Und so hält die Reise der ASTOR um die Welt auch für den Bordgeistlichen noch Überraschungen bereit. „Ich freue mich jeden Tag darauf, besonderen Menschen in besonderer Umgebung zu begegnen.“

Die Tradition der Bordpfarrer geht auf die Zeit der Auswanderschiffe zurück, die gegen Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts Richtung Amerika und Australien aufbrachen. „Viele Pfarrer haben die Menschen vom Hafen bis in den wilden Westen begleitet“, berichtet der Pastor. In den 50er Jahren lebte der Beruf des Bordpfarrers dann auf Urlaubs- und Kreuzfahrtschiffen neu auf und hält sich bis heute.“ Die Stellen werden in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) vergeben.

Wie wird man eigentlich Bordpfarrer?

Etwa 80 Kreuzfahrt-Routen deutscher Reedereien werden jährlich von Bordpfarrern begleitet. Die Plätze vergibt die Evangelische Auslandsberatung in einem Bewerbungsverfahren. „Im Jahr bekommen wir um die 130 Bewerbungen“, erzählt Kurt Triebel, selbst langjähriger Bordpfarrer und Leiter des Bereichs Bordseelsorge. Die Mitglieder des gemeinnützigen Vereins mit Sitz in Hamburg wählen die Bordpfarrer nach deren schriftlicher Bewerbung in persönlichen Gesprächen aus.

„Wichtig ist, dass die Bewerber kontaktfreudig und gelassen sind und besonders gut auf Leute zugehen können, schließlich sind sie an Bord so etwas wie Gottes Unterhalter“, so Triebel. „Außerdem dürfen die Bewerber das 70. Lebensjahr nicht überschritten haben und wir achten auf eine ausgeglichene Gewichtung zwischen evangelischen und katholischen Kollegen.“´

Foto: Vom Stein PR







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