Javier Bardem ist einer der vielschichtigsten Schauspieler in Hollywood: Er spielte Gangster, Verführer, Psychopathen – und immer spielte er sie grandios. Im Interview mit dem Lufthansa Magazin (September-Ausgabe) sprach er darüber, was ihm mehr liegt, Durchschnittsmänner oder Schurken?
Hamburg – „Dazwischen liegen Welten, aber ich versuche immer, die Motivation der Figur zu verstehen. Das macht mir an diesem Job am meisten Spaß. Denn für alles, was jemand tut, gibt es einen Grund. Ich habe schon als Junge menschliches Verhalten studiert, nur habe ich mich damals durch Malerei ausgedrückt. Aber ich spürte diesen Drang, Menschlichkeit zu verstehen.“
Der 49-jährige Spanier berichtet von seinem neuen Film „Everybody Knows“, der im September in die Kinos kommt und den er mit dem iranischen Regisseur und Drehbuchautor Asghar Farhadi drehte: „Ich liebe es wirklich, Teenies zu unterhalten! Aber die Arbeit mit Asghar Farhadi war eine völlig andere Erfahrung. Er lässt sich so feinfühlig auf die Schauspieler ein, und seine Geschichten sprechen eine universelle Sprache: Es geht um Wahrheit, Loyalität, Authentizität – und um Liebe. Liebe baut uns auf, sie erst macht, dass wir uns richtig lebendig fühlen.“
Auch Bardems Frau Penélope Cruz spielt in dem Film mit, sie verkörpert eine Mutter, deren Tochter entführt wurde, es ist bereits der vierte gemeinsame Dreh. Ist es heute, als Ehepaar und Eltern, anders, zusammenzuarbeiten? „Was sich geändert hat, ist, dass wir jetzt erwachsen sind und wissen, dass unsere Wirklichkeit wichtiger ist als die Fiktion, als jede Story. Unsere Kids wollen mich als Papa erleben, nicht als Rolle. Penélope soll nicht die verstörte Laura aus ‚Everybody Knows‘ sein, sie wollen dann ihre Mama sehen.“ Schmerzt es ihn, wenn er die Liebste vor der Kamera leiden sieht, selbst wenn es „nur“ eine Rolle ist? „Vor der Kamera durchlebt sie einen schmerzhaften Prozess, um Kunst zu erschaffen. Aber sie hat sich dafür entschieden! Ich respektiere diese Arbeit, kann ihr den nötigen Raum dafür geben und werde immer für sie da sein, wenn sie Hilfe braucht.“
Der Schauspieler, der für seine Rolle in „No Country for Old Men“ 2008 einen Oscar erhielt, sagt weiter: „Die Arbeit eines Schauspielers ist sehr persönlich, sie gleicht einer Psychotherapie. Und ich bin ein großer Fan von Therapien! Ich bin selbst in Therapie und kann das jedem nur empfehlen. Als Schauspieler holt man einen sehr verletzlichen Teil von sich selbst heraus, man muss ihn danach wieder sicher verstauen.“