Konkrete Pläne der DB widersprechen Ankündigungen zur Fahrzeugbeschaffung – DB zeigt keine zukunftsweisende Strategie für aufkommensschwächere Verbindungen
Hamburg – Bereits im Dezember 2008 wird die Deutsche Bahn AG das Intercity-Netz in den deutschen Regionen weiter ausdünnen und die Ausdünnung im Dezember 2009 fortsetzen. Dem Fahrgastverband Pro Bahn liegen entsprechende konkrete Informationen über solche Pläne vor.
„Ausdrücklich begrüßt der Fahrgastverband Pro Bahn jedoch, dass die Deutsche Bahn AG erstmals offiziell ankündigt, die Hälfte der heute rund 180r Intercity-Züge durch neue Intercity-Fahrzeuge ersetzen zu wollen. Die aktuelle Geschäftspolitik der DB drängt aber den Eindruck auf, dass diese Züge bevorzugt im Auslandsverkehr eingesetzt werden sollen. Anders können wir nicht erklären, dass die DB bereits im Dezember dieses Jahres erneut inländische Intercity-Verbindungen und schwächer nachgefragte ICE-Verbindungen streichen will,“ erklärt der Chefredakteur der Verbraucherzeitschrift der Fahrgast, Rainer Engel.
Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2008 sind nach Kenntnis des Fahrgastverbandes Streichungen von Intercity-Zügen auf den Linien Düsseldorf-Erfurt und Trier-Köln-Emden geplant. Stattdessen fahren mehr Intercity-Züge nach Amsterdam und Klagenfurt. Ende 2009 will die DB die Bedienung des wichtigen Knotens Northeim einstellen und die Verbindung von Augsburg nach Nürnberg im Fernverkehr nicht mehr bedienen. „Man muss diese Maßnahmen mit der Lupe in den Unterlagen der DB suchen,“ erklärt Engel, „oft erfahren Fahrgäste erst aus dem Abfahrtsplan, dass ihr Zug nicht mehr fährt.“
Bereits gegenwärtig verkehren viele Intercity-Linien mit großen Lücken und von Samstag Nachmittag bis Sonntag Mittag überhaupt nicht mehr. „Halle und Magdeburg sind am Wochenende bis zu 18 Stunden lang nicht mit einem Fernzug erreichbar. Von Hannover nach Emden fahren täglich nur noch drei Intercity-Züge, nach Trier vor 13 Uhr nur noch einer. Auf Linien, auf denen die DB nicht einmal Konkurrenz durch vergleichbare Regionalzüge hat, wie zwischen Erfurt und Düsseldorf, streicht die DB bei jedem Fahrplanwechsel ein weiteres Zugpaar,“ erläutert Engel. Damit werden nach Beobachtung des Verbraucherverbandes Taktverkehre und Anschlüsse zum Regionalverkehr systematisch zerstört. In manchen Regionen, beispieslweise in Vorpommern und der Uckermark, übernimmt der Intercity auch Nahverkehrsfunktion. In vielen Fällen wird Reisen bei weiterer Ausdünnung des Intercity-Netzes somit unmöglich. „Deshalb hat der Fahrgastverband Pro Bahn bereits Gespräche mit dem DB-Vorstand aufgenommen, die auch konstruktiv verlaufen. Die DB muss ein Konzept finden, wie Fernverkehrszüge mit hundert oder hundertfünfzig Reisenden noch angeboten werden können. Bis jetzt reagiert die DB nur mit Zugstreichungen. Mit der jetzt angekündigten Bestellung von langen Intercity-Wagenzügen ist das Problem nicht zu lösen.“
So wie schon beim ICE rechnet der Fahrgastverband damit, dass neue Intercity-Züge bevorzugt auf lukrativen Linien ins Ausland eingesetzt werden. „Linien nach Amsterdam, Warschau, Krakau, Prag, Wien, Graz und Verona brauchen dringend moderne Fahrzeuge und bringen mehr Einnahmen als Inlandsverbindungen,“ erläutert Engel. „ICE-Züge hat die DB bereits systematisch aus dem Inlandsverkehr abgezogen: ICE-Züge, die früher zwischen Düsseldorf und Erfurt fuhren, verkehren jetzt nach Wien, und Diesel-ICE, die für die Verbindung Nürnberg-Dresden gebaut wurden, fahren jetzt nach Kopenhagen. Wenn ab Dezember mehr Intercity-Züge nach Amsterdam fahren, verliert die Universitätsstadt Münster gleichzeitig die Direktverbindung nach Berlin. Wir begrüßen jede Verbesserung des Auslandsverkehrs und die Zusammenarbeit mit den Bahnen der Nachbarländer, aber das darf nicht zu Lasten der innerdeutschen Verbindungen gehen.“
„Die Deutsche Bahn AG ist nicht dem Gemeinwohl verpflichtet, sondern der Rendite – das ist ihr Auftrag seit der Bahnreform 1994, und es ist der DB auch nicht vorzuwerfen, dass sie danach handelt,“ ergänzt der Pro Bahn Bundesvorsitzende Naumann. „An vielen Stellen des Bundesgebiets kämpfen Städte und Regionen um den Erhalt ihrer Fernverkehrsverbindungen, meistens ohne Erfolg. Wenn die DB ein glaubwürdiger Partner der Reisenden und der Regionen sein will, dann muss sie als erstes die angekündigten Zugstreichungen zurücknehmen und mit anderen Strategien als der Ausdünnung des Fahrplans auf die Anforderungen des Marktes reagieren. 100 und mehr Reisende in einem Zug sind etwas anderes als keine Nachfrage.“