Allein der Staat muss infolge der Insolvenz von Air Berlin mit Ausfällen bis zu 200 Millionen Euro rechnen. Das geht aus einem vertraulichen Bericht der Insolvenzverwalter von Air Berlin hervor, der WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung vorliegt. Auch für Kunden und Mitarbeiter gibt es schlechte Nachrichten. Der 112seitige Bericht wurde am heutigen Mittwoch dem Gläubigerausschuss vorgelegt.
Köln – Nicht nur die staatliche Kreditbank KfW, auch der Fiskus, die Arbeitsagentur und die Sozialkassen bleiben demnach auf Millionenforderungen sitzen. Gegen die im August vergangenen Jahres pleite gegangene Airline gibt es derzeit ungesicherte Forderungen von knapp 760 Millionen Euro.
Das verwertbare Vermögen beträgt nach derzeitigem Stand nur 88 Millionen Euro. Viele Gläubiger dürften also von dem Geld, das ihnen zustehen würde, kaum mehr etwas zurückbekommen. Die größten Außenstände hat Air Berlin bei Lieferanten, Dienstleistern, Vermietern und Leasing-Partnern sowie bei konzerneigenen Gesellschaften.
Auch die Bundesregierung kommt das von ihr bewilligte Darlehen der staatlichen Kreditanstalt KfW über 150 Millionen Euro teuer zu stehen, es war dem Bericht zufolge bereits vor Anmeldung der Insolvenz am 15. August 2017 vollständig abgerufen worden. Von diesem Darlehen sind noch 84 Millionen Euro nicht zurückbezahlt worden. Dieser Anspruch sei „ungesichert“, heißt es in einer Übersicht am Ende des Insolvenz-Berichts. Aus dem Umfeld der Insolvenzverwalter heißt es, bei dem KfW-Kredit sei nach derzeitigem Stand noch mit knapp zehn Millionen Euro Rückzahlung zu rechnen. In dieser Tabelle ist auch notiert, wie viel Geld Air Berlin dem Fiskus und der Arbeitsverwaltung schuldet: insgesamt sind dies noch 121,3 Millionen Euro, auch diese seien „ungesichert“.
Zusammen mit dem KfW-Darlehen hat das allein für den Staat drohende Ausfälle in Höhe von rund 200 Millionen Euro zur Folge. Die Bundesagentur für Arbeit hatte nach der Pleite für die 7200 Beschäftigten in Deutschland von August bis Oktober 2017 die Zahlung von Löhnen und Gehältern übernommen. Die Zahlung dieses sogenannten Insolvenzgeldes ist gesetzlich so geregelt bei Unternehmen, die zahlungsunfähig werden. Die Arbeitsverwaltung steht mit 46,3 Millionen Euro in der Gläubigerliste der Fluggesellschaft; beim Fiskus sind es 75 Millionen Euro.
Auch bei den Kunden steht Air Berlin in der Kreide: Ihnen schuldet Air Berlin noch 30 Millionen Euro für ausgefallene Flüge, Verspätungen sowie verloren gegangenes oder beschädigtes Gepäck. „Ungesichert“ sind hier dem Insolvenzbericht zufolge 16,5 Millionen Euro. Nur etwas besser sieht es für jene Beschäftigten aus, denen die Fluggesellschaft 9,5 Millionen Euro für Löhne, Gehälter und Pensionen zahlen müsste. Davon sind 3,9 Millionen Euro „ungesichert“. Missmanagement und ständiger Umbau Schuld an der Pleite ist nach erster Analyse der Insolvenzverwaltung Missmanagement: Das Unternehmen sei gewachsen, ohne neue Unternehmensteile angemessen zu integrieren. Die Rede ist von einem „ständigen Umbau“ und einer „ständigen Verlustsituation“.
Wie groß die Pleite wirklich ist, kann die Insolvenzverwaltung derzeit nur prognostizieren. Immer noch können Gläubiger Forderungen anmelden. Die Verbindlichkeiten ließen sich daher nur „sehr grob abschätzen“.