Geheimnisvolles Sokotra – Eine Inselwelt für sich


18 Aug 2009 [13:01h]     Bookmark and Share


Geheimnisvolles Sokotra – Eine Inselwelt für sich

Geheimnisvolles Sokotra – Eine Inselwelt für sich



Sie ist ein Kleinod zwischen Arabien und Afrika. Liegt wie eine Perle der Artenvielfalt im Indischen Ozean. Und: Von ihr haben die meisten Menschen noch nie gehört. Ein echter Geheimtipp also. Gemeint ist Sokotra. Ein Archipel, bestehend aus einer großen und drei kleineren Inseln.

Frankfurt – Gelegen rund 230 Kilometer östlich von Somalia und 380 Kilometer südlich des Jemen, zu dessen Staatsgebiet sie gehören. Bis vor 20 Jahren primär nur per Schiff erreichbar, kamen Besucher vom Festland nur sporadisch. So blieben dort die Natur und auch die Kultur der Inselbewohner, der Sokotris, über Jahrhunderte nahezu ungestört, ja unbeeinflusst. Da wundert es nicht, dass die UNESCO dieses „zweite Galapagos“ 2008 zum Weltnaturerbe erklärte – und die jemenitischen Länderwerber hier bei allem Eifer doch auf Nachhaltigkeit und Grünen Tourismus setzen wollen.

Im nordwestlichen Indischen Ozean an der Einfahrt zum Golf von Aden gelegen, ist Sokotra etwa vier mal so groß wie Rügen. Die gut 130 Kilometer lange Insel ist dabei eine Schatzkammer der Evolution: Durch ihre Abgeschiedenheit – vor rund 30 Millionen Jahren trennte sich der Sokotra-Archipel von der Arabischen Halbinsel – entwickelten sich auf der Insel isoliert Pflanzen und Tiere weiter, die an keinem anderen Ort der Welt zu Hause sind. 30 Prozent der Pflanzen, 75 Prozent der Reptilien und 80 Prozent der Insekten sind denn auch einzigartig auf Sokotra. Und längst sind noch nicht alle Arten erforscht.

Auch die mittlerweile über 60.000 Inselbewohner, die Sokotri, hatten bis Ende der 1990er Jahre keine regelmäßige Verbindung zur Außenwelt. Sie entwickelten und bewahrten ihre eigene Sprache und Kultur. Seit nunmehr zehn Jahren landet – wenn es die Wetterbedingungen zulassen (kritisch sind die starken Winde von Juli bis September) – täglich ein Flugzeug in Hadibu, dem Inselhauptort, wo 1999 der zivile Flugbetrieb auf dem einstigen Militärflughafen mit seiner immerhin 3.000 Meter langen Landebahn entstand. Auch der Seehafen ist der wichtigste der Insel. An Bord der Flugzeuge sind neben Gemüse und Obst, das auf Sokotra kaum wächst, seit einiger Zeit auch immer öfter Touristen. Knapp 4.000 kamen im Gesamtjahr 2008, darunter 510 deutsche Reisende. Um den Vergleich mit dem nur knapp ein Viertel so großen Rügen noch einmal zu bemühen: Dort sind es zur besten Reisezeit rund 3.000 an einem Tag.

Doch die Insel am Horn von Afrika bietet weit mehr als ungewohnte Einsamkeit und Ruhe: Wer sich nicht für eines der einfachen kleinen Hotels in Hadibu, an der Nordküste der Insel zu Füßen des Berges Dschabal al-Dschahir liegend, entscheidet, wird quasi eins mit der Natur. Und kann in palmenbestandenen Wadis mit natürlichen Pools, zwischen berghohen Sanddünen und scheinbar märchenhaften Wäldern aus zart rosa blühenden Wüstenrosen entschleunigen. Und zum Naturkundler werden.

Man muss dabei kein Ornithologe sein, um sich für hiesige endemische Vögel zu begeistern wie den Sokotra-Star mit seinen schwarz-roten Flügeln, den Sokotra-Sonnenvogel mit seinem gebogenen Schnabel oder den ebenfalls nach der Insel benannten Bussard. Die Schmutzgeier gibt es zwar auch in anderen Gegenden der Region, dafür sind sie angeblich die treuesten Begleiter der Touristen: In diskretem Abstand warten sie, ob beim Picknick nicht auch für sie etwas abfällt.

Wahrzeichen Sokotras – und gern bemühtes Fotoobjekt – sind die Drachenblutbäume mit ihrer pilzartigen Krone aus stacheligen Blättern, die einst wegen ihres blutroten Harzes bei Malern und Heilern begehrt waren. Vergleichbares wächst erst wieder auf den Kanaren. Der Saft dieses einzigartigen Sokotra-Weihrauchbaumes ist bis heute begehrt. Es gibt noch andere Pflanzen-Exoten. Ihre sternförmigen roten Blüten sind zwar hübsch anzusehen, aber alles andere als „dufte“. Die Rede ist von der nur hier zu findenden Sukkulente Caralluma socotrana, so ihr botanischer Name. Sie lockt nämlich Fliegen mit einer Art Aasgeruch an.

So viel einzigartige Flora und Fauna hat Konsequenzen: Jemens Präsident Ali Abdullah Salih hat schon im Jahr 2000 seine Unterschrift unter ein Dekret gesetzt, das fast drei Viertel der Insel zum Naturschutzgebiet erklärte. Und bereits seit 1996 arbeiten Experten des UN-Entwicklungsprogramms UNDP auf Sokotra, seit 2002 gezielt an einem Ökotourismus-Programm, das Traditionen, Naturschutz und Fremdenverkehr in Einklang bringen soll. Es geht um das Bewahren dieses Kleinods unter Einbeziehung der Inselbewohner in das wachsende internationale Interesse an ihrer Heimat. So wurden denn aus Fischern und Kleinbauern Führer und Fahrer – und die sorgen dafür, dass die Touristen nur dort ihre Zelte aufschlagen, wo sie damit keinen Schaden anrichten. Und bessern ganz nebenbei ihre Verdienstmöglichkeiten auf.

Im Sommer ist es für die Sokotris allerdings immer wieder ein bisschen wie früher. Bevor die Flugzeuge kamen. Dann kommen keine Europäer, die durch die Berge wandern und Drachenblutbäume fotografieren. Die Stürme, die zwischen Mai und September über den Archipel fegen, sind schlichtweg zu heiß für den europäischen Urlauber, und sei er noch so abgehärtet. Eine Zwangspause, in der sich die Insel und ihre Bewohner vom noch immer etwas ungewohnten Geschäft mit dem Tourismus jedes Jahr wieder erholen können. Und so erkundet man Sokotra denn eben am besten zwischen November und März.

Foto: YTPB







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