Geschwindigkeit, Effizienz und Umweltfreundlichkeit sind einige der zentralen Anforderungen an das Luftfahrzeug der Zukunft. Dreieinhalb Jahre forschte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen mit zehn weiteren europäischen Partnern im Rahmen des Projektes CHATT (Cryogenic Hypersonic Advanced Tank Technologies) an neuen Technologien für den Luftverkehr der Zukunft.
Köln – „Die Erkenntnisse, die wir mit CHATT gewonnen haben, liefern wertvolle Beiträge für zukünftige Flugzeug- und Raumfahrt-Projekte mit Kryo-Tank-Technologien in Europa“, betonte der Projektkoordinator Dr. Martin Sippel vom DLR. Bei diesen werden sehr kalte, verflüssigte (= kryogene) Gase nahe am absoluten Nullpunkt eingesetzt.
Kern der Aktivitäten des Projekts war die Untersuchung von Tanks für kryogene Treibstoffe wie zum Beispiel Wasserstoff oder Methan. Der Vorteil von Wasserstoff gegenüber dem herkömmlichen Kerosin ist, dass bei der Verbrennung kein CO2 emittiert wird und der Flugverkehr dadurch umweltfreundlicher wird. Besonders für Hyperschall-Systeme ist flüssiger Wasserstoff als Treibstoff wegen seines hohen Energiegehalts pro Kilogramm Masse von Bedeutung.
Das Schwappen beherrschen
Ein zentrales Thema, dem sich das Team des DLR-Instituts für Raumfahrtsysteme in Bremen widmete, war die Problematik des sogenannten „sloshings“, das Schwappen von Flüssigkeiten in großen horizontalen Tanks: „Dieses Problem wird bis heute nicht gänzlich beherrscht“, erläutert DLR-Wissenschaftler Martin Sippel. „Deshalb haben Versuche dazu eine große Rolle im Projekt CHATT gespielt“. Außerdem untersuchten die Projektpartner das Treibstoffmanagement zum Erreichen eines zuverlässigen und effizienten Betriebs von Hyperschall-Flugsystemen sowie den Einsatz von modernen, leichten Faserverbundwerkstoffen bei Tanks für kryogene Treibstoffe. Das verwendete Carbon-Faser-Komposit-Material (CFK) – eine Verbindung aus Kohlenstoffasern und Kunststoff – soll das Gewicht des Tanks reduzieren und gleichzeitig für mehr Stabilität in der Struktur sorgen.
Im Laufe des Projekts wurden in Zusammenarbeit vom Kryo-Labor des DLR in Bremen, dem Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik des DLR in Braunschweig und den ausländischen Partnern vier verschiedene Kryo-Tanks in Kohlefaser-Verbundbauweise designt, gefertigt und getestet, einschließlich dem Be- und Enttanken mit kryogenem Stickstoff bei circa minus 200 Grad Celsius. Das Schwappverhalten der Treibstoffe in den Tanks wurde numerisch und experimentell simuliert und dessen Einfluss auf die Flugdynamik analysiert. Gleichzeitig wurden auch mögliche kryogene Wärmeisolationsmaterialien für die Zukunft erforscht, die nicht nur leicht und langlebig, sondern auch resistent gegen die hohen Temperaturunterschiede im Hyperschallflug sind. Für die Tanks wurden neuartige CFK-Materialien verwendet, die zahlreiche Materialtests bestehen mussten. So wurde beispielsweise auch die Durchlässigkeit der Werkstoffe für die kryogenen Treibstoffe von den Wissenschaftlern untersucht.
Der Tank für den Space Liner
Ein mögliches Anwendungsgebiet für kryogene Treibstofftanks und Technologien ist das vom DLR untersuchte Space-Liner-Konzept – ein Hyperschall-Transportsystem. Mit 20facher Schallgeschwindigkeit sollen Passagiere interkontinentale Distanzen in kürzester Zeit zurücklegen können. Der Space-Liner besteht aus einem Orbiter mit Passagierkabine und einer Booster-Stufe, die nach der ersten Schubphase abgetrennt wird. Innerhalb von CHATT wurden Untersuchungen zu neuen innovativen Querverbindungen – sogenannte „Cross-Feeds“ – zwischen den Treibstoffsystemen der Booster-Stufe und des Orbiters durchgeführt. Bis der endgültige Tank für einen Space-Liner entwickelt ist, bleibt allerdings noch viel zu tun. DLR-Wissenschaftler Martin Sippel hat aber schon genaue Vorstellungen: „Als nächsten Schritt möchten wir einen voll funktionsfähigen Tankdemonstrator entwickeln, der dann unter realen Bedingungen getestet werden kann.“
Die Projektpartner
Neben dem DLR, das zusätzlich zu den wissenschaftlichen Aufgaben auch mit der Führung und der Koordination des Projektes betraut ist, sind zehn externe Partner an CHATT beteiligt. Diese sind: FOI (Schweden), SICOMP (Schweden), Universität Brüssel (Belgien), Orbspace (Österreich), Universität Budapest (Ungarn), TU Delft (Niederlande), ECM (Deutschland), Cenaero (Belgien), Gas Dynamics (Großbritannien) und ALE (Niederlande).