Neuer Großflughafen (BBI) wird Billigfliegern nicht gerecht
Berlin – Nach Einschätzung von easyJet, Europas führendem
Billigflieger, hat Berlin mit dem Bau des Flughafens
Berlin-Brandenburg International (BBI) die Chance, einen
zukunftsweisenden Großflughafen zu bauen. Mit der gegenwärtigen
Planung wird diese Möglichkeit nach Ansicht von easyJet jedoch nicht genutzt. Seit Anfang des Jahres ist easyJet mit der
Flughafengesellschaft sowie dem regierenden Bürgermeister und
Vorsitzenden des Aufsichtsrates des Flughafens, Klaus Wowereit, in
Gesprächen, um auf die logistische Fehlplanung hinzuweisen.
Besonders kritisiert werden die bis zu vier Mal längeren Wege der
Passagiere durch das neue Terminal. Längere Wege kosten Zeit und Zeit ist Geld. Dies gilt im Besonderen für die Anbieter im
Billigflugbereich. easyJet lebt von effizientem Flugverkehr. Das
bedeutet, alle Abläufe müssen so optimiert sein, dass die
Verweildauer eines Flugzeugs am Boden möglichst gering ist. Diese
liegt für easyJet in Schönefeld bei 30 Minuten. Nach Analyse der
derzeit vorliegenden Pläne zum Bau des BBI wird sich die Verweildauer auf bis zu 50 Minuten, also um bis zu 65 Prozent, erhöhen. Auf einen Arbeitstag hoch gerechnet bedeutet das für easyJet den Ausfall eines ganzen Fluges pro Flugzeug. Hinzu kommt, dass die derzeitige BBI-Planung lediglich zehn Standplätze für Billigflieger vorsieht.
Allein heute nutzt easyJet in Schönefeld schon sechs. Wenn alle
Anbieter von Billigflügen nach Fertigstellung des BBI in Schönefeld
gebündelt werden, übersteigt die Nachfrage das Angebot bei weitem. Dadurch wird effizienter Flugverkehr für easyJet nicht mehr möglich. Außerdem befürchtet easyJet eine Kostenexplosion durch die aus ihrer Sicht überdimensionierten, nicht bedarfsgerechten Investitionen.
Berlin ist heute die einzige deutsche Großstadt, die gleichzeitig
über zwei funktionierende Flugangebote verfügt – das der
Niedrigpreisflüge und der traditionellen Airlines. Ziel beim Ausbau
des BBI muss es aus der Sicht von easyJet sein, beide Segmente zu
erhalten und zu optimieren. Für John Kohlsaat, Geschäftsführer von
easyJet Deutschland, wird der BBI dieser Aufgabe nicht gerecht: „Wenn der Großflughafen in dieser Form gebaut wird, ist er für uns weitaus unattraktiver als Schönefeld heute.“
Die Folgen für Berlin wären verheerend. In Schönefeld würde nach
jahrelanger Planung ein milliardenschwerer, aber leerer Glaspalast
gebaut. Dies hätte Auswirkungen auf die gesamte Region. Denn ein
leerer Flughafen lässt keine Arbeitsplätze entstehen und bringt auch
keine Touristen und Geschäftsleute in die Stadt, die die Wirtschaft
ankurbeln.
Dabei will easyJet den Standort Berlin keineswegs aufgeben. Im
Gegenteil: Die geringe Kooperationsbereitschaft der
Flughafengesellschaft stößt bei easyJet auf Unverständnis. easyJet
kann nicht verstehen, wie die Planer des BBI die Entwicklung des
europäischen Flugverkehrs bis 2012 so übergehen können. Der Flughafen selbst rechnet damit, dass Billigflieger bei Fertigstellung des Flughafens 70 Prozent aller Passagiere am BBI befördern werden. „Jeder Flughafen der für Billigflieger unattraktiv ist, wird ein
leerer Flughafen sein“, resümiert John Kohlsaat.