Ländervergleich: Einige Bundesländer liegen weit unter dem Schnitt
Berlin. Reisende mit Behinderungen, Familien mit Kinderwagen oder Fahrradfahrer können nicht in allen Bundesländern gleich gut die Bahnsteige ihrer Bahnhöfe erreichen. Während im Bundesdurchschnitt immerhin schon 73 Prozent aller Bahnhöfe stufenfrei umgebaut sind, gibt es nach einer Aufstellung der Allianz pro Schiene innerhalb der Bundesländer sehr große Unterschiede: In einem Ländervergleich kommt der Spitzenreiter Mecklenburg Vorpommern auf einen Anteil von 92 Prozent stufenfreier Bahnhöfe, dicht gefolgt von Schleswig Holstein (91 Prozent), Brandenburg (88 Prozent) und Berlin (87 Prozent). Das Schlusslicht Saarland kann seinen Reisenden dagegen nur 45 Prozent stufenfrei erreichbare Bahnhöfe anbieten und auch die Fahrgäste in Hessen (58 Prozent), Hamburg (68 Prozent) und Rheinland Pfalz (68 Prozent) müssen mit einem unterdurchschnittlichen Anteil an umgebauten Bahnhöfen leben.
Quelle: Allianz pro Schiene auf Basis von DB Station&Service AG.
„Die markanten Unterschiede zwischen den Bundesländern sind nicht ganz leicht zu interpretieren“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Es gebe weder ein Ost-West-Gefälle, noch einen spürbaren Vorteil der Flächenländer vor den Stadtstaaten. „Berlin kommt auf einem Spitzenplatz, während Bremen und Hamburg unter dem Durchschnitt bleiben: Allein am schwierigen städtischen Umfeld kann es also nicht liegen“, sagte Flege. Auch hätten die eher vermögenden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg nur durchschnittliche Umbauquoten vorzuweisen, während das arme Brandenburg auf stolze 88 Prozent an Bahnhöfen komme, die von den Fahrgästen stufenfrei erreicht werden könnten. Die Allianz pro Schiene forderte von der Deutschen Bahn, Bund, Ländern und Kommunen besondere Anstrengungen, um den behindertengerechten und familienfreundlichen Umbau von Bahnhöfen voranzutreiben. „Besonders die Länder, die weniger als 70 Prozent stufenfrei umgebaute Bahnhöfe haben, sollten Sonderprogramme auflegen oder verstärken, weil ihre Ausstattung in einer alternden Gesellschaft nicht mehr zeitgemäß ist“, sagte Flege und wies darauf hin, dass die „Stufenfreiheit“ noch nicht garantiere, dass etwa ein Rollstuhlfahrer auch vom Bahnsteig in den Zug steigen könne. „Die Stufenfreiheit endet am Bahnsteig, ist aber natürlich schon die erste wichtige Hürde. Wer keine Chance hat, ohne fremde Hilfe auf den Bahnsteig zu kommen, dem nützt auch extra geschultes Personal oder eine Rampe im Zug wenig“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.
Nach Angaben der Deutschen Bahn sind seit 2002 etwa rund 100 Bahnhöfe pro Jahr stufenfrei umgebaut worden. Bis heute seien damit insgesamt rund 3970 Stationen von 5470 Bahnhöfen komplett stufenfrei. Bis 2015 sollen nach Planungen der DB weitere 350 Stationen folgen. Mit der Unterstützung von Bund und Ländern seien jährlich außerdem 200 Bahnsteige auf 55 oder 76 Zentimeter erhöht worden. Auch die Schnittstelle Bahnsteig – Zug werde ab sofort verbessert. Konnten Reisende mit Behinderungen bisher nur an rund 300 Bahnhöfen eine kostenlose Einsteigshilfe durch das Personal am Vorabend der Reise vorbestellen, so ist dies nun ab sofort an 1850 Bahnhöfen in Deutschland möglich.
Foto: Carstino Delmonte