Wer sich beim Kölner Flugunternehmen Germanwings auf die Buchungshinweise am Computerbildschirm verlässt, riskiert dramatische Strafzahlungen
Es sollte ein guenstiger Staedtetrip nach Berlin werden. Marc Z.* aus Duesseldorf hatte seinen Besuch bei Freunden schon lange geplant. Der Newsletter des vermeintlichen Billigfliegers Germanwings kam ihm da gerade recht. Nur 19 Euro sollte der Flug nach Berlin inklusive saemtlicher Steuern kosten. Sogar den Rueckflug fuer Fruehaufsteher gab’s bei der naechtlichen Aktion zum selben Preis. Fuer die 38 Euro-Zahlung gab Marc Z. seine Girokontodaten auf der Webseite ein. Nach durchgefuehrter Online-Buchung meldete die Webseite „Status der Zahlung: BESTAETIGT“. Ein weiteres Bestaetigungsfax, dass ihm kurze Zeit spaeter uebermittelt wurde, traegt den Vermerk „Entrichteter Betrag: 38 €“
Zu frueh gefreut. Statt einer Abbuchung kam eine Woche spaeter ein Brief von Germanwings ins Haus geflattert: Die Abbuchung sei leider abgewiesen worden. Lapidar teilt die Airline mit: „Die Zahlung wird nach zunaechst erfolgter UEberweisung durch die Bank rueckgaengig gemacht. Den Grund dafuer erfahren wir in vielen Faellen nicht.“ Weiter heiSSt es im Brief der Firmen-Buchhaltung man koenne besonders guenstige Tarife anbieten, weil die Prozesse weitgehend automatisiert seinen. Da die Ruecklastschrift aber nun mit hohem manuellen Aufwand bearbeitet werden muessten, koste das eine Bearbeitungspauschale von zusaetzlichen 50 Euro. Insgesamt 88 Euro soll Marc Z. nun inklusive Flugpreis ueberweisen.
Als waere ein solches mit Sicherheit vorhanden dankt Germanwings dem Kunden vorab bereits fuer das Verstaendnis. Marc Z. dagegen ist empoert. Fuer eine Flugpreis von 38 Euro soll er 50 Euro Strafgebuehren zahlen. Und das, obwohl sein Konto gedeckt war, der Monitor „BESTAETIGT“ angezeigt hatte und die Gruende fuer die vermeintliche Nichtzahlung unklar sind. „Beim Lastschriftverfahren wird nur die Plausibilitaet der Daten geprueft“, argumentiert eine Mitarbeiterin von der Germanwings-Buchhaltung. Bei Fehlern koenne die Bank die Zahlung nicht zuordnen.
Fuer Hartmut Strube von der Verbraucherzentrale NRW sind die 50 Euro eindeutig pure Abzocke. Der Jurist beobachtet seit laengerem, dass „immer mehr Firmen den Kunden-Lapsus zur Geldschneiderei nutzenE280? – ein Millionen-Geschaeft. Viele Unternehmen berechnen bei Ruecklastschriften Betraege zwischen null und zehn Euro. Mit 25 Euro liegt auch das Moebelhaus Ikea schon im Extrembereich.
Germanwings, die im Lufthansa-Konzern als innovativer Ideengeber fuer neue Geschaeftsmodelle bei der Mutterfirma gilt, war vor vier Jahren als No-Frills Airline mit „Ehrlich-Preisen“ angetreten. Mittlerweile bietet das Unternehmen auch umbuchbare Festpreistickets an, die nicht selten deutlich ueber manchen Lufthansa-Tarifen liegen. Verdient wird auf allen Ebenen: mit bunten Werbebemalungen der Flugzeuge, Snacks und Getraenken an Bord sowie mit nicht zurueckerstatteten Steuern und Gebuehren, die von Kunden nicht explizit zurueckgefordert werden falls ein Flug nicht angetreten wird. Entsprechend ueppig fielen die Gewinne der letzten Jahre aus.
Marc Z. will den geforderten Betrag nicht bezahlen. Er ist sich sicher, dass er alle Eingaben richtig gemacht hat und sein Bankkonto war ohnehin gefuellt: „Die Forderung ist unbegruendet und undurchsichtig. Und 50 Euro sind in jedem Fall zuviel.“ Lediglich den Original-Flugpreis hat Marc Z. mittlerweile direkt ueberwiesen.
Germanwings reicht das nicht. Die Airline fordert nun ueber ein Inkassobuero auf Briefpapier mit einem aehnlich gelben Rand den Kunden zur Zahlung von 161,02 Euro auf. Sitz des Inkassobueros ist der kleine Ort Werl am Rande des Muensterlandes. Vielfliegern bekannt auch als Zentrale fuer die Verwaltung des Miles & More Bonusprogramms der Lufthansa.
Foto: Touristikpresse.net
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