Was steckt hinter der aktuellen Konsolidierungswelle in der deutschen Kettenhotellerie


02 Aug 2019 [16:51h]     Bookmark and Share


Was steckt hinter der aktuellen Konsolidierungswelle in der deutschen Kettenhotellerie

Foto: Carstino Delmonte



Der Wettbewerb auf dem deutschen Hotelmarkt wird immer größer, und der Druck auf die etablierten Hotelgesellschaften wächst.

München –  Grund: Hotelgäste auf der einen Seite haben neue Bedürfnisse, hoch im Kurs stehen etwa Häuser mit jungen, ausgefallenen Konzepten. Auf der anderen Seite drängen seit einigen Jahren Start-ups auf den Hotelmarkt, die genau diese Nische mit innovativen Konzepten bedienen und die Gästebewegungen umlenken.

Neue Marken wirbeln den Hotelmarkt auf

Ein bekanntes Beispiel für ein Hotelkonzept, das den Wunsch nach zeitgemäßen Räumlichkeiten heutiger Generationen trifft, ist die 25hours Hotel Company. Ihre Boutique-Hotels sind individuell gestaltet, kein Haus gleicht dem anderen. Jeder Besuch in einem dieser Häuser ist einzigartig, manchmal sogar mit einer Badewanne auf dem Balkon. Das Economy-Design-Hotel Prizeotel ist mit seiner Strategie ebenfalls sehr erfolgreich. Durch das ausgefallene Design des Star-Designers Karim Rashid und aufgrund zahlreicher Digitalisierungsmaßnahmen wie dem Einchecken per Smartphone setzt sich die Hotelmarke von den traditionellen Playern ab.

2018 Rekordjahr bei Hotel-Konsolidierungen

„Genau hier liegt das Problem der „Großen“. Ihnen fällt es oft schwer, schnell und aus eigener Kraft auf die veränderten Bedürfnisse der Hotelgäste zu reagieren und so weiter zu expandieren“, so Alexander TrobitzHead of Hotel Services der BNP Paribas Real Estate.

Etablierte Hotelgesellschaften haben jedoch erkannt, dass sie jetzt agieren müssen, um mitzuhalten. Ihre Lösung: Neben dem Aufbau eigener neuer (Nischen-)Marken, so wie es etwa jüngst die IHG (InterContinental Hotels Group) mit der Gründung seiner neuen Marken avid & voco getan hat, spielen vor allem Konsolidierungen eine entscheidende Rolle. So sollen neue Gästegruppen für die eigenen Marken erschlossen und das eigene Hotelangebot weiter ausgebaut werden. Zwar ist die Entwicklung, dass sich etablierte Hotelgesellschaften Marken einverleiben, nicht neu. Aber: Übernahmen zwischen Hotelgesellschaften waren 2018 so ausgeprägt, dass wir ein Rekordjahr der Hotel-Konsolidierung verbuchen konnten – um die 20.000 Hotelzimmer wechselten den Betreiber.

Drei Gründe für die Konsolidierungen der Hotelketten

Darüber hinaus sind aus Sicht von Alexander Trobitz drei Gründe entscheidend für die aktuelle Konsolidierungswelle:

1. Branding: Eine starke Marke stärkt das eigene Image und Portfolio

Eine starke Marke, die auf dem Hotelmarkt bereits gut funktioniert, ist ein wichtiger Treiber für Übernahmen. Vor allem wenn die Marke eine Nische bedient, die im Portfolio der übernehmenden Hotelgesellschaft noch fehlt. Hierbei können Hotelketten vom guten Image der „Kleineren“ profitieren und behalten den Markennamen der Übernommenen bei. Beispiele hierfür sind die bereits genannten 25hours Hotels und Prizeotel, deren Konzepte für etablierte Ketten interessant geworden sind. So sicherte sich bereits 2016 Accor 30 Prozent der 25hours Hotel Company, während Radisson Prizeotel an sich binden konnte.

2. Expansion: Ausdehnung auf dem deutschen Markt

Der deutsche Hotelmarkt ist gesättigt, das Errichten neuer Hotelimmobilien ist teuer, braucht Zeit und ist mit Risiken verbunden. Eine Konsolidierung ist hingegen ein relativ sicherer, schneller und kosteneffizienter Schritt, um die Reichweite zu vergrößern. Markenimage spielt in diesem Fall jedoch keine Rolle, daher werden die übernommenen Betreiber hierbei oft dem Portfolio der neuen Betreiber einverleibt. So wurden beispielsweise die unter Holiday Inn Express firmierenden Hotelbetriebe der Foremost Hospitality von Whitbread übernommen – sie sollen als Premier Inn neu gelaunched werden. Über 3.000 Zimmer können von Premier Inn auf diese Weise auf dem deutschen Markt etabliert werden.

3. Finanzgetriebene Investments

Neben dem Markenaspekt und der Reichweite sind auch finanzgetriebene Investments ein entscheidender Treiber von Übernahmen. Eines der aktuellsten Beispiele: Goldman Sachs will noch in diesem Jahr die B&B Hotels erwerben. „Was Konsolidierungen ebenfalls vorantreibt: Meist fehlt der Platz für neue Projekte in guter Lage, und bei vielen ,Großen‘ ist die Expertise, beispielsweise im Bereich Digitalisierung, nicht vorhanden, um erfolgreiche Neu-Marken aufzubauen. Und auch internationale Ketten wollen sich durch den Zukauf erfolgreicher Marken in einnahmestarken Märkten wie Deutschland etablieren“, sagt Alexander Trobitz.

Konsolidierung der Hotelketten: eine Win-win-Situation für alle?

Von den Übernahmen profitieren aber nicht nur die die Hotelketten, auch für die Übernommenen ergeben sich in den meisten Fällen einige Vorzüge: Neben der meist hohen Geldsumme spielen die Expansionsmöglichkeiten oft eine entscheidende Rolle. So ging die 25hours Hotel Company auch auf die Kooperation mit Accor ein, um global zu expandieren. Und das mit großem Erfolg: In Dubai konnte etwa ein Projekt mit 435 Zimmern realisiert werden.

Von allen Seiten scheinen die Vorteile zu überwiegen. Allerdings verlaufen nicht alle Konsolidierungen erfolgreich. So hat die NH-Gruppe erst kürzlich eine Fusion mit Barceló abgelehnt. Und die bereits erwähnten Prizeotels haben das Lizenz-Abkommen mit der Radisson Hotel Group mittlerweile beendet. Dadurch, dass Radisson nun zum chinesischem Anbieter Jin Jiang gehört, wäre Prizeotel mit direkten Wettbewerbern in einem Portfolio gelistet gewesen.

Ein Blick in die Zukunft: Weniger Marken auf dem Hotelmarkt?

Doch wie nachhaltig ist diese Entwicklung? Und ist ein Markenschwund zu befürchten? Der Aufwind bei den Konsolidierungen hält auch 2019 an, und der Markt ist weiterhin stark umkämpft. Einige Fusionen und Käufe konnten bereits verbucht werden, viele weitere bahnen sich momentan an. „Wir sehen zahlreiche Betreiber beziehungsweise Marken, die potenzielle Übernahmekandidaten sind beziehungsweise die zum Verkauf stehen. Ein Markenschwund ist jedoch nicht zu befürchten. Im Gegenteil: Wir gehen davon aus, dass es in Zukunft mehr Hotelmarken, aber immer weniger Hotelgesellschaften geben wird. Es gibt noch zahlreiche Nischen, die bedient werden können. Vor allem im Bereich Serviced Apartments werden zahlreiche Konzepte erarbeitet, die zukünftig die Markenportfolios der großen Hotelgesellschaften ergänzen könnten“, sagt Alexander Trobitz.

Ob der Rekord von 2018 in diesem Jahr geknackt werden kann, lässt sich noch nicht sagen – die Zeichen sind aber sehr vielversprechend. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass eindeutig mehr Hotelzimmer den Besitzer wechseln werden als 2017 und die Jahre davor.







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