Die kleine Hauptstadt der Malediven ist immer ein Bootstrip wert
Male. Die Uhren ticken anders auf den Malediven. Spätestens nach drei Tagen Inselfeeling zeigt sich, daß Langsamkeit oberste Priorität hat. Nach Tauch- und Verwöhnprogrammen in den Schmuckresorts auf den Atollen ist Abwechselung angesagt. Der Trip in die 100. 000- Einwohner-„Metropole“ Male lohnt immer.
Yasaar Mohamed begrüßt am Marine Drive mit breitem Lachen
„Willkommen in der kleinsten Hauptstadt der Welt“ Ein Guide zum Anfassen ist Yasaar. Hier kennt er sich bestens aus. Schließlich ist der Familienvater in Male geboren und lebt dort, seit er denken kann. Durch wuselige Gassen mit lebhaftem Handelslärm und geschäftigem Treiben führt sein Weg geradewegs zur Freitagsmoschee. Das 40 Meter hohe Minaret und die goldene Kuppel verleihen der Gebetsstätte Majestätisches. 5.000 Gläubige haben in der mit wertvollen Schnitzereien verzierten Gebetshalle Platz. Gebetet wird fünf Mal am Tag, streng nach Geschlechtern getrennt. 1984 wurde die Moschee gebaut. Das Geschenk der islamischen Bruderstaaten soll seinerzeit sieben Millionen US Dollar verschlungen haben, weiß Yasaar. Ein Blick ins Innere ist nur ausßerhalb der Gebetszeiten gestattet.
Gleich gegenüber wartet der Sultanspark, eine kleine Grünanlage mit Male’s einzigem Museum. Hier finden sich Relikte und Schiffsmoddelle aus maledivischer Vorzeit. So diverse Steinfragmente, die laut Forscher belegen, daß auf den Inseln im Indischen Ozean vor dem Islam der Buddhismus seine Anhänger hatte. Auch auf dem Friedhof nebenan geben verwitterte Grabplatten und verzierte Steinmonumente Einblicke in Geschichte und Tradition der der Insulaner. Von Soldaten streng bewacht, versteckt sich hinter üppig blühender Blumenpracht Males Präsidentenpalast, der inzwischen ausschließlich Staatsgäste aus aller Herren Länder beherbergt und für repräsentative Zwecke genutzt wird.
Zurück am Hafen auf der Uferpromenade am Marine Drive hat uns das Alltagsleben der Inselhauptstadt wieder eingeholt. Den quirligen Obst- und Gemüsemarkt, auf dem von früh bis spät um Bananen, Papayas, Mangos und Brotfrüchten gefeilscht wird, läßt Guide Yasaar bei keiner seiner Touren aus. Zu verführerisch sind wohlfeile Gerüche rund um Gewürznelken, Limetten und Kokusnußsirup. Was das Meer hergibt, riecht anders: Der Fischmarkt gegenüber berstet vor fangfrischem Meeresetier aller Größenordnungen. Vor allem Thunfisch, Makrele, Schnapper und Barsch wechseln die Besitzer gegen ein paar Rufiya-Bündel.
Anschließend tut Erholung not. In einer kleinen Stube über der Fischhalle verkostet Restaurantbetreiber Shabiia seine Gäste mit „short eats“,kleinen tapasartigen Gerichten und Pastetchen. Die Airkondition ist hochgedreht, der abgedunkelte Raum an diesem späten Nachmittag fast leer. Wir lassen uns die Spezialität des Hauses schmecken: Winzige Teigtaschen, gefüllt mit chiligewürztem Fleisch und Fisch.
Günter von Saint-George