Fahrgastverband fordert
bessere Fahrgastrechte. Politische Versäumnisse verschärfen Verspätungslage
Hamburg – Die von der Stiftung Warentest ermittelten Daten
über Verspätungen im Fernverkehr der Deutschen Bahn (DB) kommen der Wirklichkeit erheblich näher als die Angaben der Deutschen Bahn AG.
Darauf weist der Fahrgastverband PRO BAHN hin. „Weil Verspätungen die DB finanziell nicht belasten, hat die DB auch keinen Anreiz, pünktlicher zu fahren,“ erklärt Rechtsexperte Rainer Engel zur Kontroverse zwischen der unabhängigen Stiftung Warentest und der DB über die Pünktlichkeit des Schienenfernverkehrs. „Aus finanziellen Gründen hat die DB die Wartung von Fahrzeugen und Strecken eingeschränkt, so dass kaum noch Reserven vorhanden sind, um kleine Unpünktlichkeiten auszugleichen. Politische Fehler und Versäumnisse beim Ausbau des Streckennetzes tragen zusätzlich zur Unpünktlichkeit bei.“
Nach Einschätzung des Verbraucherverband beruhen die
unterschiedlichen Angaben über die Pünktlichkeit der Fernzüge auch auf Unterschieden in der Berechnung. „Für die DB gilt ein Zug als pünktlich, wenn er am Ziel pünktlich eintrifft. Wie viele wichtige Anschlüsse er unterwegs versäumt hat – etwa in Köln, Frankfurt, Leipzig oder Mannheim – geht in die DB-Statistik nicht ein.“
Nach Auffassung des Fahrgastverbandes spart die DB bei der
Pünktlichkeit, weil es für Unpünktlichkeit keine gesetzlichen
Sanktionen gibt. Nur aus Kulanz und erst bei einer Verspätung von einer Stunde leistet die DB einen kleinen Ersatz nach der
„Kundencharta“. Dies gilt aber nicht für Fahrgäste, die in den
Regionalzüge umsteigen, etwa nach Chemnitz, Heilbronn, Siegen oder Lübeck. „Wer dorthin einen Anschluss verpasst, geht grundsätzlich leer aus, und die Verspätung kostet der Bahn nichts,“ erklärt Engel.
„Die von der Bundesregierung geplante Novellierung der Fahrgastrechte will daran nichts wesentliches ändern. Verbraucherverbände fordern daher eine Ersatzleistung der Eisenbahnen bereits dann, wenn der Fahrgast sein Ziel mehr als 30 Minuten verspätet erreicht.“
Der Fahrgastverband sieht auch grundlegende politische
Versäumnisse im Ausbau des Schienennetzes als Ursache der
Verspätungslage. „Vor vielen Großstadtbahnhöfen stehen die Züge im Stau, insbesondere vor den Hauptbahnhöfen in Köln und Frankfurt,“ so Engel. „Durch Prestigeprojekte wird sich diese Lage noch verschärfen.
So plant die DB durch den Bau des Tunnelbahnhofs „Stuttgart 21“ einen weiteren einzigartigen Engpass, und trotz einer geplanten
Schnellfahrstrecke zwischen Hannover von Hamburg werden Fern-, Regional- und Güterzüge vor den Zentren im Stau stehen und sich gegenseitig behindern. Unterdessen liegen Ausbauprojekte für viele überlastete Strecken auf Eis, wie etwa der weitere Ausbau der Strecken von Mannheim über Frankfurt bis Fulda und von Offenburg bis Basel.“