Christof Loy ist „Regisseur des Jahres 2008“ (Opernwelt). Seine jüngste Produktion, „Louise“ von Gustave Charpentier, läuft nach der einhellig gefeierten Premiere noch bis 24. Oktober im Theater Duisburg
In starkem, einhelligem Beifall entlud sich am Samstag, dem 27. September die Spannung eines großen Theaterabends: Im Theater Duisburg war das Publikum dem Ensemble um Regisseur Christof Loy und dem Orchester unter Jonathan Darlington in nahezu unbekannte Sphären gefolgt. Denn Gustave Charpentiers Oper erscheint heute so selten auf den Spielplänen der Opernhäuser, dass jede Aufführung einer Wiederentdeckung gleich kommt. Dabei landete Gustave Charpentier mit der Uraufführung seines musikalischen Romans im Jahr 1900 einen Welterfolg: Bis 1956 erlebte Louise allein an der Pariser Opéra Comique rund 1000 Aufführungen und wurde weltweit zu einer der meistgespielten Opern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Charpentiers Operntext erzählt – in Umgangssprache und zum Teil vulgärem französischen Jargon – die Geschichte der Näherin Louise, die an der Enge und Reglementiertheit ihres Elternhauses leidet. Sie will mit ihrem Geliebten, dem Künstler Julien, leben, ihr Recht auf Freiheit einfordernd. Trotz aller Versuche, die Tochter bei sich zu halten, verlieren die Eltern sie an Julien und an Paris.
Das von Charpentier gezeichnete Paris ist aber nicht die Hauptstadt Frankreichs, sondern ein verklärtes, traumhaft verzerrtes Bild von einer Stadt, die sich Louise als Zufluchts- und Sehnsuchtsort erschafft, um der Vereinnahmung durch die Eltern zu entkommen. „Paris ist gerade dort, wo man nicht sein kann“, erklärt Regisseur Christof Loy und lenkt damit die Aufmerksamkeit auf das innere Drama der Titelfigur: „Strenge Selbstkritik, Angst und Schuldgefühle treiben Louise in einen Zustand, in dem sie real Erlebtes von ihren Träumen und Visionen kaum noch unterscheiden kann.“ Im Bühnenbild von Barbara Pral sieht er einen „Wartesaal zum großen Glück“, in dem die Grenze zwischen Sehnsucht und Erlebtem immer wieder verschwimmt.
Louise ist Loys 16. Regiearbeit für die Deutsche Oper am Rhein und fügt sich eine Reihe französischsprachiger Opern, die der Regisseur seit Beginn der Intendanz von Tobias Richter mitgeprägt hat. Schon während seiner Arbeit an Hoffmanns Erzählungen sah er in Sylvia Hamvasis Antonia den zerbrechlichen und doch starken Charakter seiner zukünftigen Louise. Sergej Khomov, der 2004 den Hoffmann sang, ist jetzt Julien, der Louise von Vater (Sami Luttinen) und Mutter (Marta Márquez) zu befreien versucht. Die musikalischen Farben der typisch französischen Oper wird Jonathan Darlington mit seinem Orchester, den Duisburger Philharmonikern, zum Leuchten bringen.