Schetter: Zukunftsvorsorge sicherstellen – Schulte: Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit gestalten
Frankfurt am Main – Die deutsche Bauwirtschaft hat sich am gestrigen Dienstag für einen „raschen Ausbau des Frankfurter Flughafens zur Sicherung einer starken Position Deutschlands im internationalen Standortwettbewerb“ ausgesprochen. Bei einer gemeinsamen Zukunftstagung von Bauwirtschaft und Fraport sagte der Vorsitzende des Ausschusses großer Unternehmen im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, Prof. Hans Helmut Schetter, „Flughäfen seien Wachstums- und Jobmotoren für Regionen, ein Stück Zukunftsvorsorge für unser Land“. Airports seien auch wichtige Auftraggeber für die deutsche Bauindustrie.
Von den 2007 an deutschen Flughäfen in Sachanlagen investierten 1,7 Milliarden Euro seien mehr als die Hälfte in Bauinvestitionen geflossen. Damit seien im vergangenen Jahr etwa 11.000 Arbeitsplätze in der deutschen Bauwirtschaft geschaffen oder gesichert worden. Insgesamt seien im letzten Jahrzehnt nahezu 28 Milliarden Euro in die deutsche Flughafeninfrastruktur investiert worden. Schetter, der Vorstandsmitglied des Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger-Berger ist, äußerte mit Blick auf die Zukunft seine Sorge über die jetzt schon nicht ausreichende Kapazität an den Flughäfen in Frankfurt und Düsseldorf. Schon jetzt zeichne sich eine ähnliche Entwicklung in München, Hamburg und Stuttgart ab.
Folge der Kapazitätsengpässe seien unter anderem Warteschleifen für Flugzeugpassagiere. Die Lufthansa vergeude nach eigenen Angaben rund drei Prozent ihres Kerosinverbrauches auf diese Weise. Leidtragende seien Umwelt und Klimaschutz. Schetter begrüßte das neue Flughafenkonzept des Bundes zum bedarfsgerechten Ausbau der Flughäfen. Man sehe es allerdings mit Sorge, dass „Linke“ und Grüne den Bau einer vierten Landebahn in Frage stellen. Auch plädierte er für eindeutige politische Rahmenbedingungen zum Ausbau der Flughafeninfrastruktur in Deutschland. Die zentralen Airports – allen voran Frankfurt -müssten gestärkt werden, bewältigten sie doch über 90 Prozent des Passagier- und Frachtaufkommens. Daneben müsse es aber auch ein Netz größerer leistungsfähiger Regionalflughäfen geben, um die für die wirtschaftliche Entwicklung wichtige Luftverkehrsanbindung der Regionen sicherzustellen, aber auch die großen Verkehrsflughäfen zu entlasten.
Zu einem solchen Regionalflughafen könnte sich Kassel-Calden entwickeln, über den Nordhessen und seine Metropole in das europäische Luftverkehrsnetz integriert werden sollen. Dieses Vorhaben dürfe nicht dem Einspruch der Flughafengegner in SPD, Grünen und die Linke zum Opfer fallen.
Weiterhin sprach sich Schetter für eine Entbürokratisierung des Planungsrechtes zur Vermeidung jahrelanger Genehmigungsverfahren und für eine schnelle Anbindung von Flughäfen an das Fernstraßen- und Schienennetz aus, wobei es hier vor allem in München und beim künftigen Berliner Großflughafen BBI unübersehbare Defizite gebe.
Besorgt zeige sich Schetter über den Gesamtzustand der öffentlichen Infrastruktur in Deutschland, wobei er besonders den Zustand des Autobahn- und Schienennetzes, der Brücken im Bereich der Bundesfernstraßen und die Lage in den Kommunen ansprach. Die Infrastruktur in Deutschland werde spätestens seit 2003 auf Verschleiß gefahren. Ein bedarfsgerechter Ausbau finde nicht statt, der Verfall der öffentlichen Infrastruktur schreite voran.
Der für den Flughafenausbau zuständige stellvertretende Fraport-Vorstandsvorsitzende Dr. Stefan Schulte nannte auf der gleichen Veranstaltung die Erweiterung von Deutschlands zentralem Luftverkehrsdrehkreuz entscheidend für die Zukunft- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, der Region Rhein-Main und darüber hinaus für Deutschland. Der Frankfurter Flughafen gehöre zu den Top Ten der Welt und habe den Ehrgeiz, „weiterhin in der ersten Liga zu spielen“. Die Nachfrage nach Slots – also Zeitfenstern für Starts und Landungen – übersteige bereits heute schon die Kapazität des Flughafens. Nur ein zeitgerechter Ausbau verhindere, dass Frankfurts Airport und damit die Region den internationalen Anschluss in infrastruktureller Hinsicht nicht verpasse.
Wörtlich erklärte Schulte: „Unsere Wettbewerber schlafen nicht. Die meisten Großflughäfen in der Welt planen angesichts des Wachstums in Weltluftverkehr eine Erweiterung oder haben bereits ausgebaut. Paris hat uns bereits überholt, Madrid und Amsterdam stehen in den Startlöchern, im Mittleren Osten wird eine gigantische Kapazität aufgebaut. Wir brauchen den Ausbau – jetzt“.
Schulte verwies darauf, dass der Frankfurter Flughafen einer der größten Investitions-Standorte und Baustellen in Europa sei. Am Standort FRA würde zur Sicherung der Konkurrenzfähigkeit zwischen zehn und zwölf Milliarden Euro investiert. Alleine die Fraport gebe im Zeitraum von 2007 bis 2015 rund sieben Milliarden Euro für die Zukunftssicherung aus.
Schulte gab sich mit Blick auf die zügige Realisierung des Ausbaus und das Anfang 2009 zu erwartende Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes zuversichtlich. Die Inbetriebnahme der neuen Nordwest-Landebahn, die eine Länge von 2.900 Metern habe und unabhängige Anflüge ermögliche, sei für 2011 geplant. Die Vorbereitungen für den Bau der Bahn seien abgeschlossen, sie müssten jetzt zügig umgesetzt werden. Parallel hierzu beginne man mit dem Bau des Terminals 3, das eine Erweiterung um 75 Flugzeugpositionen und eine Aufstockung des bisherigen Kapazitätsangebotes um rund 25 Millionen Passagiere erlaube.
Das prognostizierte Verkehrsaufkommen in Frankfurt liegt nach Angaben Schultes bei 88,3 Millionen Passagieren im Jahre 2020. Im vergangenen Jahr habe man über 54 Millionen Fluggäste registriert. Das Wachstum im Luftverkehr werde auf jährlich vier bis sechs Prozent geschätzt. In den vergangen drei Jahrzehnten habe es trotz zahlreicher Krisen einen Langfristtrend von 4,5 Prozent gegeben. Insoweit seien auch die derzeitige Stagnation der Verkehrszahlen temporär und konjunkturbedingt.
Schulte nannte den Ausbau auch eine starke Vitaminspritze für Wirtschaft und Arbeitsmarkt in der Region. Der Flughafen habe sich in der Vergangenheit als Jobmaschine erwiesen. Nach den Berechnungen von Gutachtern schaffe der Ausbau 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze, davon alleine 25.000 am Flughafen selbst. Schon jetzt sei FRA die größte lokale Arbeitsstätte Deutschlands mit über 70.000 Beschäftigten. Die Fraport veranstaltete am Dienstag mit dem Hauptverband der deutschen Bauindustrie e.V. und dem Bauindustrieverband Hessen eine hochkarätige Expertentagung. Führende Vertreter des Flughafenbetreibers und der Bauwirtschaft stellten dabei Analysen und Lösungskonzepte zur Bewältigung der komplexen Großprojekte am Frankfurter Flughafen vor. Beide Seiten waren sich einig, dass Infrastrukturprojekte dieser Größenordnung Auftraggeber und Auftragnehmer unter den gegebenen Markt- und Vergabebedingungen vor so gewaltige Herausforderungen stellen, dass nur ein Höchstmaß an Kooperation zum Erfolg führe.
Neben Schulte und Schetter traten unter anderen auf der Seite der Bauwirtschaft der Vorsitzende des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen, Peter Hübner und der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Michael Knipper, von der gastgebenden Fraport der Generalbevollmächtigte für Immobilien- und Facility Management, Martin Schlegel, sowie der Leiter des Einkaufs, Thomas Steckel, auf. Schlegel erklärte, die als Folge der Marktverhältnisse im letzten Jahrzehnt gewachsene Konfrontation auf den Baustellen müsse „dringend durch ein zeitgemäßes und partnerschaftliches Miteinander ersetzt“ werden.