Mal Eurowings, mal Aua, mal Lufthansa-Express oder Lufthansa-Regional. Ab Januar werden viele Lufthansa-Strecken durch Germanwings ersetzt.
Frankfurt – Wo Lufthansa draufsteht ist nicht zwangsläufig Lufthansa drin. Diese Erfahrung machen seit einigen Jahren immer mehr Passagiere, die bei Deutschlands ältester Fluglinie ein Ticket buchen. Seit über 15 Jahren wird das Marken-Chaos am Himmel stets schlimmer. Verlassen kann sich der Kunde mittlerweile auf garnichts mehr. Morgen ist immer alles anders.
Aus den unterschiedlichsten Gründen – meist sind es Personalsteuerungs- oder andere Kosteneinspargründe – wird die etablierte Marke mit dem Kranich immer weiter aufgeweicht. Für viele Kunden wird deshalb eine Markentreue immer schwieriger – und macht gar keinen Sinn mehr. Geschickter scheint es, auf der gewünschten Flugstrecke genau hinzusehen und dort sein Ticket zu buchen, wo es ein ordentliches Preis-Leistungsverhältnis und die gewünschten Services gibt.
Der neueste Coup und ein weiterer Schritt zur Selbstauflösung des Flugkonzerns: Lufthansa überführt ihre Direktverkehre in ein neues Geschäftsmodell mit dem Namen Germanwings. Aber Vorsicht: Weder hat diese Germanwings noch viel mit einer der bisher bekannten Germanwings-Firmen zu tun, noch gilt das Modell gar für alle Flughäfen in Deutschland. Der weltoffene Kunde muss sich zunächst einmal fragen, ob er wohlmöglich von einem Flughafen starten möchte, den das Unternehmen „Hub“ nennt. Bei diesen Drehkreuzen handelt es sich um Frankfurt und München. Wer von dort reist, kann weiterhin damit rechnen im Deutschland- und Europaverkehr Lufthansa buchen zu können. Auch die Langstreckenflüge werden weiterhin Lufthansa-Flüge genannt. Im Falle von Düsseldorf heißt das wohl zum Beispiel: ferne Länder und Flüge nach Frankfurt und München fliegt eine Lufthansa, nach Berlin oder Stuttgart beispielsweise heißt das Transportunternehmen eben Germanwings. Natürlich sind auch Service und Leistungen an Bord anders. Für manches, was zum Fliegen dazu gehört muss man bei Germanings extra bezahlen, für anderes nicht. Germanwings soll keine Billigairline sein, sie soll aber oft billiger sein als Lufthansa – vergleichen kann man das allerdings schlecht, da es keine Strecken geben soll, auf denen beide Airlines gemeinsam fliegen. Es fehlt also schon an einer Grundlage für einen seriösen Vergleich. Ein solcher ist also nur möglich mit Konkurrenzfirmen wie Airberlin oder Easyjet. Der Kunde wird richten.
Ab 2013 soll das Flugangebot nach Konzernangaben in einer aufgewerteten „neuen“ Germanwings als Qualitätsprodukt im Low-Cost-Segment – günstig, aber nicht billig – positioniert werden. Welche Qualität zu Low-Cost-Preisen möglich sein wird, dürfte allerdings nicht allzu spannend werden. Die Bandbreite irgendwo zwischen Gratisgetränk an Bord und Bordkarte gegen Gebühr kennen Vielflieger bereits von Ryanair, Easyjet, Wizzair und Co. bestens. Fakt ist: Fliegen in Deutschland heißt seltener Lufthansa.
Christoph Franz, Vorstandschef bei der Deutschen Lufthansa AG: „Mit dieser strategischen Weichenstellung schaffen wir eine wichtige Voraussetzung, um im Europaverkehr wieder profitabel zu fliegen. Mit einem weiterentwickelten Markenauftritt und einem entsprechenden Produkt wird Germanwings künftig alle Direktverkehre abseits unserer Drehkreuze in einer eigenen Gesellschaft bündeln. Wichtig für den nachhaltigen Erfolg ist allerdings, dass wir gemeinsam mit den Tarifpartnern die Kostengünstigkeit der Germanwings erhalten können.” Nach Kundenorientierung klingt dieses Statement nicht wirklich. Aber es zeigt: Lufthansa flattert verzweifelt um sich selbst.
Das „erweiterte Angebot“ und der neue Markenauftritt der Germanwings sollen in den kommenden Wochen entwickelt und erst im Dezember 2012 vorgestellt werden, ein paar Wochen vor dem tatsächlichen Start des neuen Konzepts also.
Die Führung der Germanwings GmbH bleibt unverändert. Die drei Geschäftsführer Thomas Winkelmann (Sprecher), Dr. Axel Schmidt und Oliver Wagner werden die wichtige Phase der Zusammenführung und Neuausrichtung der Germanwings GmbH gemeinsam begleiten. Wann die Phase beendet ist und wer dann weiter am Konzept feilt ist also auch noch nicht klar.
Insgesamt werden bis zu 30 Flugzeuge, die heute Strecken der Lufthansa im Direkt-verkehr bedienen, ab Januar 2013 zu Germanwings überführt. Die Regionaltochter Eurowings, die ausschließlich Strecken im Auftrag der Lufthansa bedient, soll weiterhin als eigenständige Regionaltochter fliegen, jedoch künftig im Auftrag der Germanwings. Nicht nur Easyjet-Fliegen ist einfacher.
Foto: Edgar Delmont