Neue Ideen und Einkommensquellen sind gefragt bei Billigairlines. Die Kölner Germanwings hat es nun allerdings zu weit getrieben und zockt seine Kunden kräftig ab. So sehen es zumindest Verbraucherschützer, die den Kranichenkel verklagt haben. Interview mit Hartmut Strube von der Verbraucherzentrale NRW
Billigflieger waren unter der Ersten in der Touristikbranche, die stark aufs Internet gesetzt haben. Mittlerweile sind auch in Deutschland zahlreiche neue Airlines auf dem Markt, die online um die Gunst des Kunden werben. Aber hohe Treibstoffkosten, viele Sonderaktionen und immer erfahrenere Kunden, die sich stets die Schnaeppchen herauspicken, lassen die Gewinne schmelzen. Beim Koelner Lufthansa-Baby Germanwings ist man kreativ. Neben flotten Werbespruechen und speziellen, zeitlich befristeten Themen-Preisaktionen, bietet der rheinische Billigflieger auf seiner Webseite Zusatzdienste wie Reiseforum, Geschichten-Ecke und natuerlich viel Werbung fuer ergaenzende Leistungen rund ums Reisen.
Mit der Webseite von Germanwings werden mittlerweile ordentliche Profite eingebracht. Profitabel sind auch Ideen wie der Boomerang-Club, das wohl einzige Meilensammelsystem, fuer das die Kunden bezahlen muessen um spaeter vielleicht zu profitieren.
Fuer den Profit wurde die Buchungshotline auf eine teure 0900-Nummer umgestellt. Wer nicht online bucht und deshalb die Reservierung ueber eine Mitarbeiterin am Telefon vornimmt, soll dafuer auch zusaetzlich bezahlen, so das Argument.
Aber auch online wird’s teurer: Nur wer direkt ueber die Firmenwebseite bucht, kommt beim Fliegen wirklich billiger weg. Klickt der Kunde hingegen auf eine Werbung, die er auf einer Partnerseite gefunden hat, fallen Zuschlaege an. Immerhin: bis vor kurzem erfuhr der Kunde gar nicht, dass er ueber den Partnerlink mehr bezahlen musste. Mittlerweile ist der Zuschlag erhoeht worden und der Internetnutzer wird im Buchungsvorgang ueber die Mehrkosten informiert. Teure Werbebanner also fuer den Kunden und ein Imageverlust fuer die Webseiten-Partner, die treu auf ihren Seiten Werbung schalten und dafuer das Image der besonders teueren Ticketverkaeufer auf sich nehmen.
Auch auf subtilere weise flieSSt Geld vom Kunden in die Taschen der Koelsch-Flieger. So sieht es zumindest die Verbraucherzentrale NRW, die sich nicht mit den Ruecklastschriftgebuehren von 50 Euro abfinden will. Soviel muessen Kunden naemlich zusaetzlich zahlen, wenn sie online ein Ticket kaufen und abbuchen lassen. Falls das Konto dafuer nicht genuegend Deckung aufweist und der Betrag zurueckgebucht werden muss, wird dem Kunden letztlich dieser Zuschlag berechnet. Der urspruengliche Flugpreis spielt dabei dann keine Rolle mehr. Er gilt auch fuer Ein-Euro-Tickets aus Sonderaktionen.
Nachdem die Verbraucherschuetzer zunaechst abgemahnt hatten, die Airline aber uneinsichtig blieb, wurde nun Klage eingereicht. Touristikpresse.net befragte dazu Rechtsanwalt Hartmut Strube von der Verbraucherzentrale NRW
TOURISTIKPRESSE.NET: Herr Strube, Sie haben als Verbraucherzentrale NRW den Billligflieger Germanwings aufgefordert, die auffallend hohen Ruecklastschriftgebuehren von 50 Euro zu erklaeren bzw. zu reduzieren. Wie hat Germanwings reagiert?
STRUBE: Die hohen Gebuehren wurden mit angeblich hohem Arbeitsaufwand bei Ruecklastschriften begruendet.
TOURISTIKPRESSE.NET: UEberzeugt Sie diese Antwort?
STRUBE: Wir sehen diesen Aufwand nicht. Die Bank von Germanwings muss die Fluggesellschaft informieren, wenn eine Lastschrift nicht eingeloest wird. Sie kann dabei Kosten in Rechnung stellen, die Germanwings weitergeben kann. Mehr Aufwand entsteht bei der Entgegennahme einer Nachricht wohl kaum.
TOURISTIKPRESSE.NET: 50 Euro – das klingt sehr viel bei Flugpreisen von einem oder 19 Euro pro Strecke. Viele andere Billigairlines berechnen zwar auch etwas, wenn das Konto des Kunden nicht gedeckt ist und eine Lastschrift zurueckgebucht werden muss. Dort liegen die Kosten dann aber meist deutlich niedriger. Gibt es keine Verpflichtung fuer das Unternehmen hier auch den Schaden zu reduzieren, also Rueckbuchungen im Sinne des Verbrauchers so guenstig wie moeglich bearbeiten zu lassen?
STRUBE: Hier soll nach unserer Meinung abkassiert werden. Als sich der Bundesgerichtshof mit Ruecklastgebuehren der Banken beschaeftigt hat, ging es um Betraege von 5 Euro, hier sind wir beim zehnfachen.
TOURISTIKPRESSE.NET: MuSS nicht auch eine VerhaeltnismaeSSigkeit gewahrt bleiben?
STRUBE: Mit Ruecklastschriften darf kein Geschaeft gemacht werden. Allerdings duerfen Verbraucher auch nicht sorglos Einzugsermaechtigungen erteilen, wenn die Kontoueberziehung schon ausgereizt ist.
TOURISTIKPRESSE.NET: Der Verbraucher hat bei den Billigfliegern gar keine Moeglichkeit z.B. per UEberweisung zu zahlen. Selbst wenn der Kunde erst in mehreren Monaten fliegen will. MuSS man ihm diese Moeglichkeit nicht gewaehren? Darf es einen „Zwang“ zur Abbuchung oder Kreditkartenzahlung geben?
STRUBE: Der Anbieter kann bestimmen, wie gezahlt wird. Es herrscht Vertragsfreiheit. denn niemand ist gezwungen, einen Billigflieger zu nehmen, wenn er verreisen will.
TOURISTIKPRESSE.NET: Sie haben nun gegen Germanwings geklagt mit dem Ziel, dass Ruecklastschriftgebuehren demnaechst deutlich niedriger sein muessen. Wie lauten die Argumente der Verbraucherschuetzer?
STRUBE: Nur die tatsaechlichen Fremdkosten koennen als Schaden berechnet werden, wenn der Kunde schuldhaft gehandelt hat.
TOURISTIKPRESSE.NET: Sind die anderen Billigflieger bei diesem Problem grundsaetzlich besser?
STRUBE: Uns geht es um ein Problem, das beim Moebelhaus und bei der Telefonfirma genauso auftreten kann. Wir haben ein besonders dreistes Verhalten aufgegriffen und zu klaeren, wo hier die Grenzen verlaufen.
TOURISTIKPRESSE.NET: Gibt es vergleichbare Situatuationen, also z.B. aehnlich hohe Kosten fuer Ruecklastschriften bei anderen Unternehmen? Gibt es grundsaetzliche Urteile in solchen Sachen?
STRUBE: Urteile gibt es dazu noch nicht. Wir betreten mit unserer Initiative Neuland. Ein positives Urteil wird sich auf alle Branchen auswirken.
TOURISTIKPRESSE.NET: Wann erwarten Sie eine Entscheidung?
STRUBE: Das Landgericht wird in diesem Jahr entscheiden. Es kann jedoch auch einen jahrelangen Streit bis zum Bundesgerichtshof geben. Uns schreckt dies nicht.
TOURISTIKPRESSE.NET: Nun, es kann also noch dauern, bis eine Loesung gefunden ist. Was sollten Kunden tun, denen bis dahin diese hohen Ruecklastschriftgebuehren in Rechnung gestellt werden?
STRUBE: Die Kunden sollten unter Hinweis auf den laufenden Rechtsstreit solche Kosten nur unter dem Vorbehalt der spaeteren Rueckforderung zahlen.
TOURISTIKPRESSE.NET: Herr Strube, vielen Dank fuer diese Informationen.