Auf den Routen des Flamenco durch Andalusien


10 Sep 2006 [09:03h]     Bookmark and Share


Auf den Routen des Flamenco durch Andalusien

Auf den Routen des Flamenco durch Andalusien



Vom 14. September bis zum 10. Oktober findet in Sevilla die nächste Flamenco-Biennale statt, in deren Rahmen sich die größten Flamencokünstler ein Stelldichein geben.

Flamencobegeisterte koennen sich jedoch das ganze Jahr ueber mit diesem besonderen Musikstil auseinandersetzen und auf den Routen des Flamenco durch Andalusien reisen.

Vom 14. September bis zum 10. Oktober 2006 koennen Flamenco-Anhaenger in Sevilla die internationale Creme de la Creme des Flamencos erleben. Dann findet dort einmal mehr die im Abstand von zwei Jahren veranstaltete Flamenco-Biennale statt. Neben den Flamencovorstellungen, die Abend fuer Abend an verschiedenen Veranstaltungsorten der Stadt dargeboten werden, bietet das Rahmenprogramm u.a. Flamencokurse, Vortraege und Ausstellungen (Informationen: www.bienal-flamenco.org).

Wer sich fuer den Flamenco begeistert und etwas ueber seine Herkunft, die verschiedenen Stile, die groSSen Kuenstler und die charakteristischen Orte dieser Musik erfahren will, kann aber auch seinen Andalusien-Urlaub ganz oder teilweise ins Zeichen des Flamencos setzen. Die regionale Tourismusorganisation Turismo Andaluz hat sieben verschiedene Routen quer durch Andalusien auf den Spuren des Flamencos ausgearbeitet, die man individuell bereisen kann. Entlang des Weges werden dann zu jeweils festen Terminen flamencospezifische Aktivitaeten angeboten, wie Vortraege ueber die Flamencogitarre, interaktiven Flamenco-Unterricht zur Unterscheidung der verschiedenen Stile, Bildvortraege zur Entwicklung und Geschichte des Flamenco sowie Vorfuehrungen und Vortraege zu Tanz und Gesang.

Wo genau der Flamenco seine Urspruenge hat, bleibt bis heute ungewiss, finden sich in ihm doch Wurzeln der verschiedensten Kulturen, von byzantinischen, juedischen, indischen, pakistanischen bis zu arabischen Klaengen. Selbst bei der Ableitung des Namens gibt es die unterschiedlichsten Theorien. Sicher ist nur, dass man mittlerweile seine Anhaenger bis weit ueber die Grenzen Andalusiens und Spaniens findet.

Die meisten Historiker vermuten, dass der Flamencogesang, der zunaechst vor der Gitarre und dem Tanz entstand, irgendwo im Dreieck Sevilla-Jerez-Cadiz zum ersten Mal zu hoeren war. Und genau zu diesen vermeintlichen Urspruengen des Cante Jondo, in das Dreieck zwischen Sevilla mit seinem Stadtteil Triana, Jerez und Cadiz fuehrt die Nummer 4 der Flamencorouten, die „Route des Dreivierteltakts: die „Cantes Basicos“.

Das volkstuemliche Triana-Viertel in Sevilla gilt als eine der Wiegen des Flamencos, und seitdem 1862 der Schriftsteller Serafin Estebanez Calderon in seinen „Escenas Andaluzas“ die typische Fiesta des Ortes beschrieb, weiβ man, dass alte FlamencogroeSSen wie El Planeta oder El Frillo dort wirkten. Mitten im Herzen Trianas liegt die Taverne von Tio Jose, eine alte Kultstaette des Flamencogesangs und des Stierkampfes, wo heute Hunderte Fotografien von Kuenstlern aller Zeiten zu bewundern sind. Und gleich um die Ecke, in der Tertulia Flamenca Don Cecilio de Triana, treffen sich jeden Freitag die Flamencoanhaenger, aficionados, des Viertels, um ueber die legendaeren cantes zu sinnieren. In der Taverne Casa de Anselma dagegen kann man jeden Abend Sevillanas, Rumbas oder Coplas hoeren. Triana ist auch das alte Toepferviertel Sevillas, wo noch heute die Patios mit ihren Laubengaengen zu bewundern sind. Es ist die Heimat von Flamencokuenstlern wie den legendaeren Curro Puya oder Pepe el de la Matrona. Gedenktafeln erinnern an die Legenden von damals, und waehrend der Flamenco-Biennale fuellt sich der Innenhof des ehemaligen Hotels Triana mit Hunderten Besuchern zu den Vorstellungen. In den lauen Septembernaechten kann man dort inmitten all der Aficionados sitzen, die begeistert mitgehen und mitklatschen. Eine malerische Kulisse sind die Haeuserwaenden, deren Balkone mit farbenpraechtigen mantones, den gefransten Dreieckstuechern der Frauen, geschmueckt sind. 

Von Triana aus geht die Reise auf der Route des Flamencos weiter in die nahe Umgebung Sevillas, in die typischen andalusischen Doerfer Alcala de Guadaira und Dos Hermanas. Im von seiner alten Burg gekroenten Alcala herrscht noch immer der Geist der aus Triana ausgewanderteten Zigeunerfamilien und Flamencodynastien, wie den Los Gordos. Sie und viele andere cantaores, Saenger, holten sich, gepraegt von einer tiefen Religiositaet, ihre Inspiration in der kleinen Ermita de la Virgen del C3?guila, der Schutzheiligen des Ortes. Auf kunstvollen Keramikkacheln, den azulejos, die man in ganz Andalusien so ueberreich vorfindet, sind die Namen der beruehmtesten Kuenstler aus der Region festgehalten.

Ein Abstecher nach Mairena de Alcor fuehrt zur „Casa del Arte Flamenco de Antonio Mairena“, ein Ort, an dem alle Information ueber den bekannten Sohn des Ortes und Inhaber der begehrten Flamenco-Auszeichnung des Goldenen Schluessels, aufbewahrt werden.

In Utrera, der naechsten Station der Route, entstand das erste Flamenco-Festival der Geschichte, der „Potaje Gitano“ – zu deutsch „Zigeuner-Eintopf“. Noch heute wird dieses Festival jeden Sommer im Patio des Colegio de los Salesianos veranstaltet. Als Besonderheit wird dann auch dieses Eintopfgericht, das dem Festival den Namen gab, zubereitet.

Auch Lebrija, einige Kilometer weiter, dessen Vergangenheit und Gegenwart eng mit Flamencogesang verbunden ist, ist stolz auf sein beruehmtes Festival. Im Rahmen des „Caracola“ schaetzen die aficionados insbesondere die Improvisationskuenste der Saenger und Gitarristen nach Abschluss des offiziellen Programms.

Dann geht es nach Jerez de la Frontera, der Stadt des Sherrys und der stolzen andalusischen Pferde, die auf den weissen Cortijos, den groSSen Landguetern der Umgebung gezuechtet werden. Sie oeffnet sich dem Reisenden auf der Flamencoroute insbesondere in den Stadtvierteln von Santiago und San Miguel. In den typischen Patios dieser volkstuemlichen Viertel werden bei jeder Fiesta die beruehmten Bulerias gesungen. Der Flamencointeressierte startet seinen Rundgang am besten im „Centro Andaluz de Flamenco“ im Palacio de Pemartin. Hier befinden sich Tausende von Ton-, Text- und Bilddokumente der Flamencokunst. Daneben kann man sich auch ueber saemtliche Veranstaltungen in den besten Penas und Flamencotavernen der Stadt informieren. In der Taverne El Lagar de Tio Parrilla beispielsweise, serviert der Chef zuerst an den langen Holztischen das Abendessen, um dann spaeter inmitten seiner Familie auf der Buehne Platz zu nehmen und mitreiSSenden Flamenco zum Besten zu geben.

Den Abschluss des Dreiecks und der Reise bildet Cadiz, von seinen Bewohnern liebevoll „La Tacita“, das „Silbertaesschen“ am Atlantik genannt. Die Hafenstadt mit ihren charakteristischen Tuermen, von denen zu frueheren Zeiten die Kaufleute Ausschau nach ihren Schiffen hielten, und ihrer Kathedrale mit der goldenen von weither sichtbaren Kuppel, ist fuer ihren weltoffenen, zur Improvisation neigenden Flamencostil bekannt. Das typische Flamencoviertel hier ist Santa Maria. Dort wuchs der legendaere Enrique de Mellizo auf, ein tiefreligioeser Gitano, der die gregorianische Musik aus der Pfarrei des Viertels zum Vorbild nahm und daraus seine malaguenos kreierte. Er war es, der die erste Saeta, jenen flamencoaenhlichen Klagegesang, vor einem Heiligenbild waehrend der Karwoche sang. Enrique war nur einer der vielen Gaditanos, wie die Einwohner von Cadiz genannt werden, die Flamencogeschichte schrieben. Und in der Bucht von La Caleta, wo man ueber den Ozean blickend den einstigen Aufbruch in die Neue Welt erahnen kann, tauchten erstmals die lateinamerikanischen Stile im Flamenco auf, die Guajiras, milongas, vidalitas oder rumbas und spaeter die colombianas. Und der Ein oder Andere bekommt jetzt Lust etwas laenger zu verweilen in dieser weiSSen Stadt am Meer, vielleicht um Flamenco-Unterricht zu nehmen und selbst den „Duende“ zu verspueren.

Die Informationen ueber die Routen des Flamencos, Termine fuer die angebotenen Aktivitaeten vor Ort und wie man sie reserviert, erfaehrt man im Internet unter www.andaluciaflamenco.org. Informationen zu Andalusien im Internet unter www.andalucia.org oder in den Spanischen Fremdenverkehrsaemtern.







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