Marzipan und Hinterhofidylle
In der Hansestadt leben Geschichte und Kultur dicht beieinander
Lübeck. Es sind kleine Irrgärten inmitten der lebhaften Altstadt. Von den Straßen führen enge Gäßchen in langgestreckte Hinterhöfe, in denen sich kleine, schmucke Häuschen aneinanderkuscheln.
Marzipan und Hinterhofidylle
In der Hansestadt leben Geschichte und Kultur dicht beieinander
Lübeck. Es sind kleine Irrgärten inmitten der lebhaften Altstadt. Von den Straßen führen enge Gäßchen in langgestreckte Hinterhöfe, in denen sich kleine, schmucke Häuschen aneinanderkuscheln. Vor den nur lukengroßen Festern blühen Blumen und Stauden. Jedes Heim ist gerade mal so groß, daß ein Single genügend Wohnraum darin findet. Dafür sind die Bleiben in Citylage äußerst preiswert, den Begriff Mietwucher kennen die meisten Bewohner nur vom Hörensagen.
Die idyllischen Altstadthöfe Lübecks haben ihre eigene Geschichte. Handwerker und Arbeiter bevölkerten die Hansestadt im 12. Jahrhundert. Weil sie sich nicht außerhalb der Stadtmauern niederlassen durften, kam es im Stadtkern zu großer Wohnungsnot. Und weil Baugrund knapp war, sorgten begüterte Bürger, eine Stiftung und Immobilienbesitzer dafür, daß Gärten bebaut und angrenzende Viehställe zu ein und zweigeschossige Buden ausgebaut wurden. Zu den Behausungen gelangte man durch schmale, tunnelartige Gänge, die durch die Vorderhäuser gebrochen wurden. Im 17. Jahrhundert soll es 180 solcher Gänge und Höfe gegeben haben, erklärt Stadtführerin Anke Magdanz, die uns im Kostüm aus der Buddenbrook-Zeit durch das winkelige Gassenwirrwarr begleitet.
Während der Kriegsjahre und danach dämmerten die Notquartiere dem Verfall entgegen. Erst ab 1970 wurde unter Dankmalschutzauflagen kräftig restauriert. Heute leben hier viele Lübecker als Mieter und sind stolz darauf. So wie Doris Schütz, die vor knapp 20 Jahren in einem Hofhaus ihre Bleibe gefunden hat. Sie stört nur gelegentlich Touristen, die auf der Suche nach historischer Vergangenheit unversehens durchs Fenster in ihr Wohnzimmer luken. Urlauber wissen das Viertel trotzdem zu schätzen. Für rund 80 Euro pro Tag lassen sich die pikturesken Minihäuser auch als Ferienunterkünfte mieten.
Lübeck, die „Königin der Hanse“ hat natürlich auch Anderes zu bieten; Das Holstentor als weltberühmtes Wahrzeichen, seine Kirchen mit den sieben Türmen und den stolzen backsteinroten Kaufmannshäusern In der Stadt leben Geschichte und Kultur dicht beieinander. Das Buddenbrook-Haus zum Beispiel, in dem Thomas Mann zu seinen literarischen Erfolgen inspiriert wurde. Die Kunsthalle , die auf dem Gelände der ehemaligen Klosterkirche St. Annen entstand und mit hochkarätigen Ausstellungen Besucher aus aller Welt anlockt oder das mittelalterliche Palais Rantzgau, das heute – aufwendig restauriert- dem Schleswig-Holstein Musikfestival als Heimstatt dient. Gern vorzeigen mag die Hansestadt aber auch seine drei Nobelpreisträger: Den Wahlbürger Günter Grass, an den die Skulptur „Butt im Griff“ erinnert, Willy Brandt, dem ein vornehmes Patrizierhaus als Bildungs- und Gedenkstätte gewidmet ist, und natürlich Thomas Mann, der als Skulptur vor dem Buddenbrook-Haus seine Aufwartung macht.
Wem noch Zeit für weitere Entdeckungen bleibt, könnte sich nach einem Museumsbesuch einer Führung durch die Gewölbe von St. Marien, dem Altstadtjuwel norddeutscher Backsteingotik, anschließen oder einem Orgelkonzert im mächtigen Mittelschiff der Kathedrale lauschen.
Ein Genuß der besonderen Art sollte sich allerdings kein Lübeckbesucher entgehen lassen. Die süße Belohnung wartet im traditionsreichen Cafe Nideregger gleich gegenüber der Rathaustreppe. Dort kredenzen angehende Patissiers zum Cappuccino stilvoll das Original – eine Nußtorte mit echtem Marzipan, natürlich traditionell aus rezepturgetreuer Herstellung.
Infos: Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH, Wall 55, 24103 Kiel, tel: 0431-6005840, Internet: www.sh-tourismus.de.
Günter von Saint-George
3.504 Z
Dazu Bilder Stadtführerin Anke Magdanz
Altstadthöfe (Fotos:gsg)