Vor ein paar Monaten rief einer: „1000 Robota. 1000 Robota!“ Aber irgendwer schreit immer.
Dann kam die EP der Band: „Hamburg brennt“, und das war so: Klatsch! Watsch! Knall! Was ist DAS denn? Fünf stürmische, fies peitschende und fordernde Stücke mit scheinbar hastig drüber gerufenen Texten – man war angenehm aufgewühlt und irritiert. Jetzt kommt das Album, weswegen wir das Thema an dieser Stelle kurz vertiefen: 1000 Robota.
Sind: drei Gerade-eben-oder-noch-nicht-ganz-Volljährige aus Hamburg. Anton Spielmann (18, Gitarre & Gesang), Sebastian Muxfeldt (17, Bass) und Jonas Hinnerkort (18, Schlagzeug & Gesang). Soviel zu den Fakten. Jetzt zum Skandal: Was die da machen und wie die das machen, das war so nötig, dass man gar nicht mehr damit gerechnet hat. Hören Sie: Aufgeputschte Beatmusik mit Rollbass, Knallschlagzeug, Fetzgitarre und Krawallgesang. Um die Schubladenverpackung mögen sich andere kümmern, wir beschäftigen uns mit der Wucht. Die das hat. Dieses Album. Hier will sich niemand beschweren, hier wird angeklagt, aufgerissen und eingefordert. Die Typen sind so genervt und sauer und wollen so viel, dass den Hörer ein Schwindel befällt. So muss Jugend sein: Alles hinterfragend und zersetzend und das Größte verlangend um jeden Preis. Dieser Drang nach Größe, Echtheit, Liebe, Zusammenhalt und Orientierung in einer Welt, die all das nicht hat, spritzt derart zwischen diesen zehn aufdringlich-bissigen Liedern hervor, dass jede Befindlichkeitsfixierung als das erscheint, was sie ist: Zeitverschwendung für Alte.
Natürlich wollen 1000 Robota genau das nicht: Auf ihre Jugend reduziert werden, als sei die allein schon ein Verdienst oder – schlimmer noch – ein Kuriosum. Gleichzeitig ist da aber der Traum von einer Jugendbewegung, der in den Liedern lebt, und der wahrscheinlich beim Anblick der Altersgenossen entstanden ist, die orientierungslos durch eine sich ständig weitende Welt taumeln und alles in sich reinstopfen und nichts hinterfragen und hungrig am Sattsein ersticken, schlimmer als die Alten. Anton Spielmann, der Sänger, Texter und Gitarrist, ist nicht so und deswegen der geborene Anführer. Er ist einer von denen, die nie stillsitzen und immer schneller denken, als sie reden können. Es bollert alles immer so aus ihm raus: Ideen, Unverständnis, Wut, Träume, Ideale. Und in Verse gebündelt kommt das dann so, wie in der ersten Single „Mein Traum“: „Du nicht er nicht sie nicht / selber nicht aber ich, nur mit Vorsicht / keiner traut sich mehr / nur ich blöder Träumer, träum’ doch viel zu sehr / Du Verlierer! / sag’ wer heut’ verliert / denn ich, blöder Träumer, geh doch immer mit dir.“ Und später, am Ende des Liedes, heißt es: „Ich habe Angst meinen Kindern von Geschichte zu erzählen, die für mich Geschichte war, die für dich Geschichte war. “ Heiß aufs Leben – aber bitte nur das richtige. Und das alles: JETZT. Es geht nie um Gestern oder Morgen, immer nur ums Heute. Denn 1000 Robota wissen: „Für uns wird aus mehr weniger.“ („Oh Oh“)
Die Engländer, schon immer schneller, haben 1000 Robota längst ins Herz geschlossen. Ständig werden die Drei von Veranstaltern und Bands wie The Horrors in die Clubs von East London eingeladen, wo sie vor kurzem ihre erste ausverkaufte Headlinershow gaben. Und da sind dann auch der NME, das Zoo Magazine, der Typ von den Klaxons, Peaches Geldof und irgendwelche Supermodels und drehen durch. So viel zum Gossip. „Wenn das der einzige weg ist, für deutsche presseidioten über uns zu schreiben, weil sie sich drauf aufgeilen und sie die musik nen scheißdreck interessiert – bitte sehr =).“ (Auszug aus einer E-Mail von Anton Spielmann. Muss man nicht persönlich nehmen.) Tino Hanekamp